Plattenspieler-Forum

Normale Version: Wie highendig ist High-End?
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HiFi ist ja nun wirklich keine Raketenwissenschaft. 
Dennoch wird der "esoterische" Zweig immer stärker. Warum ist das so? 
Früher hatte man eine "gute" "hochwertige" "geile" Anlage.. Heute hat man High-End, also darüber kommt dann ja nichts mehr. 
Aber ist das wirklich so? 
Es werden Gerätebasen aus fragwürdigen Materialien gefertigt, armdicke Kabel werden gekauft, Geräte mit Knetmasse "beruhigt", Stecker werden mit Turmalinstaub gefüllt, Plattengewichte aus besonderem Materialmix wechseln für hunderte Euro die Besitzer... 
Eigentlich ist dieser Schritt ja logisch, denn in dem Wort High_End steckt es ja drin, an den Geräten kann man nichts mehr verbessern.. 
Oder doch? 
Heute sind im sogenannten High-End Segment vor allem Masselaufwerke vorherrschend. Warum ist das so? Würde ein Maschinenbauingenieur, der mit einem leeren Blatt anfängt dies genauso machen? 
Man darf nicht vergessen, mittlerweile fährt ein kleiner Roboter autonom über den Mars... Es hat sich also einiges getan... 
Auf die Masselaufwerke muss man gar nicht so genau eingehen. Der Mensch hat mittlerweile viel Erfahrung im Bereich der Antriebstechnik.. Es werden Maschinen gebaut die enorme Kräfte übertragen müssen, andere die absolut präzise und vibrationsarm laufen müssen.. Und auch der Riemenantrieb wird in der Industrie recht häufig eingesetzt. Aber: Kein Ingenieur dieser Welt würde ein Übersetzungsverhältnis von 85:1 mit einem Riemen in seiner Diplomarbeit annehmen. 
2:1; 4:1, in Ausnahmen 10:1 aber dann ist Schluss. Und was ein Ingenieur definitiv nicht machen würde, dies ganze ohne Kontrollinstanz, sprich Drehzahlmessung am Plattenteller durchzuführen. 
Diese Art des Antriebs war State of the Art bis es genaue Servomotoren gab. 
Heute haben wir sehr sehr leistungsfähige Computer, aus diesem Grund setzt die NASA auch nicht mehr Ihre alten Relais und Röhrencomputer ein. Wieso wird dies in der HiFi Welt gemacht? 
Natürlich werden bei einem Masselaufwerk kaum Kräfte übertragen. Wer dieses System dennoch für absolut High-End hält, der sollte einfach mal einen 3mm Riemen durch einen 5mm Riemen auf seinem Transrotor ersetzen... 

Aber was ist mit anderen Komponenten? z.B. mit Lautsprechern? 
Hier rede ich von passiv Lautsprechern, denn aktiv Lautsprecher sind teilweise die Lösung des komplett selbst erschaffenen Problems... 
Grundsätzlich sind Limitierungen gut, denn in den meisten Fällen beflügeln diese den Fortschritt... 
Wie viel würde ein PKW heute verbrauchen wenn der Benzinpreis konstant bei 10ct liegen würde? 

So war es auch damals, Verstärker hatten eine bestimmte, limitierte Leistung. Also musste ich als Lautsprecherbauer die Teile dementsprechend fertigen. Ich muss ja schließlich über die Zimmerlautstärke hinauskommen... Also brauchte ich viel Membranfläche, ein Gehäuse welches eine gute Eigenresonanz hat. Und eine Frequenzweiche, die nur macht was diese unbedingt machen muss... 

Es wurden viele grandiose Lautsprecher in diesen Zeiten gefertigt. Als Beispiel nehme ich nun die Klipsch Cornwall an. Diese Box wird heute noch gebaut und spielt immer noch oben mit. (die Cornwall kam auf den Markt 10 Jahre bevor man zum Mond geflogen ist...)

Doch irgendwann kamen dann die Transistor Verstärker und die Leistung konnte (beinahe) beliebig gesteigert werden. 
Dies bedeutete zunächst eine große Freiheit für die Lautsprecherhersteller. Es konnten einfach schöne Lautsprecher gebaut werden. Die Membranfläche konnte kleiner gehalten werden, denn durch die gewonnene Leistung kann ich ja den Hub des Lautsprechers vergrößern. 
Klanglich war das Niveau schon sehr hoch, aber wenn es richtig schöne Lautsprecher gibt, dann werden die "hässlichen", Klanglich gleichwertigen Lautsprecher, durch die eleganten Säulen ersetzt... 
Es wurde gut verkauft.. Erlaubt ist was gefällt... 
So weit so gut... Aber wie würde ein Elektrotechniker an die Sache gehen? Ist es schlimm wenn Lautsprecher viel Leistung benötigen? 
Hier möchte ich nur kurz noch einwerfen dass der heutige HiFi Kunde schon Angst hat einen Bass oder Hochtonregler im Signalweg zu haben... 
Also:
Die Bass- Höhenregler sind weggefallen, dafür benötigen die Lautsprecher etwas mehr Leistung... 
Eine Frequenzweiche beinhaltet in der Regel Wiederstände, Kondensatoren und vor allem Spulen. 
Jeder Elektrotechniker würde den Stromfluss durch eine Spule begrenzen, bzw. die Spulen am besten für eine bestimmte Stromstärke ausrechnen. 
Was in einer Spule mit Verschiedenen Stromstärken passiert kann gut getestet werden. 50m aufgerollte Kabeltrommel.. Ich betreibe eine 50 Watt Birne. Es passiert gar nichts.. Nun betreibe ich einen 3000W Hochdruckreiniger an der gleichen Kabeltrommel.. Nun kann man wetten wie lange diese Kabeltrommel ihre Form behalten wird... 

Ähnlich sieht es in einer Frequenzweiche aus.. Höhere Spannung ist meist gar nicht so schlimm, der Feind der Spule ist einzig und alleine die Stromstärke. 

Zum Vergleich:

Mit 1 Watt Leistung erzeugt die Cornwall 102 dB
Ein Lautsprecher mit 90 dB Wirkungsgrad würde 16 Watt Leistung benötigen um die 102 dB der Cornwall zu erreichen... 
Ein Lautsprecher mit 80 dB Wirkungsgrad würde schon 160 Watt Leistung benötigen. 

Was passiert in der Frequenzweiche. 
Bei der Cornwall gibt der Verstärker 2,8V x 0,5A in die Frequenzweiche bzw. 2V x 0,5A wäre es ein 4Ohm Lautsprecher..
Im folgenden nehme ich 4 Ohm Lautsprecher an.. Bei 8 Ohm wäre es dementsprechend mehr..
Bei dem 90 dB Lautsprecher würden durch die Frequenzweiche 32Vx0,5A fließen... Das würde noch gehen
Bei dem 80 dB Lautsprecher müsste ich 320Vx0,5A durch die Weiche jagen... Nicht so schön.. Darum muss die Stromstärke erhöht werden. 
Gehe ich auf 1A hoch, würde ich noch 160V benötigen zu viel
Bei 2A bin ich bei 80 V zu vie
Bei 4A wäre ich bei 40V, das passt... 
Resultat: ich jage in diesem Falle die 8 fache Stromstärke durch eine Spule.. (Gut dass ich die Bass- und Hochtonregler entfernt habe..) 

Oder ganz theoretisch:
Das eine ist ein lineares System, das andere ein logarithmisches...
Um die empfundene Lautstärke zu verdoppeln muss ich die Leistung verzehnfachen... 
Je geringer meine Eingangsleistung ist, desto besser kann ich mithalten... 

Oder:
Ich muss im Falle des 80 dB Lautsprechers das Signal 160 fach stärker verstärken.. Sieht auf den ersten Blick nicht so schrecklich logisch aus..

Nicht weil etwas möglich ist muss es auch sinnvoll sein... 

Ich bin der Meinung dass Kabel derzeit das geringste Problem sind...
(07.12.21, 19:26)Lenni schrieb: [ -> ]Wie highendig ist High-End?
HiFi ist ja nun wirklich keine Raketenwissenschaft.

Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?
HighEnd ist doch nur ein Marketinggag um möglichst viel Geld mit möglichst wenig Arbeit zu verdienen.
Und so lange alle schön mitmachen und der Kunde sich darüber freut daß er verar Sick  wird ist doch alles bestens.
(HighEnd ist die Kunst den Kunden so über den Tisch zu ziehen das er die entstehende Reibungshitze als behagliche Nestwärme empfindet)

Gruß Jörg

Elpi

High zusammen,

es ist halt inzwischen in allen Bereichen so.

Suggeriere dem Kunden einfach ein Mehrwertgefühl 
beim Kauf und lasse dir das gut bezahlen.

Es ist wie bei der Wurstverpackung.

Für 1,69 € bekommst du die Wurst im Laden.
Die schöne Verpackung mit der suggerierten
Metzgerqualität kostet halt 2,79 € und der Inhalt
ist der gleiche.
Aber garantiert schmeckt sie dem Kunden besser als
die in der normalen Verpackung.

Warum?
Es muss einfach so sein.

Grüße
Jürgen

gelöschter_User

(07.12.21, 19:26)Lenni schrieb: [ -> ]Heute hat man High-End, also darüber kommt dann ja nichts mehr. 

Hmm, doch  Big Grin  Echtes Cost no Object oder UltraFi, wie die Japaner sagen. 

Das gibt es aber nur in der DIY-Szene und Allem, was daraus hervorgegangen ist. Vertreter wären dann z.B. Vinylsavor aka Thomas Mayer, Frank Schröder, Thomas Schick oder Michael Chang mit Joe Roberts sowie J.C. Morrison und Silbatone Acoustics oder Jonathan Weiss von Oswaldsmill Audio oder Fran Blanche von Frantone oder Dave Slagle von intact Audio.

(07.12.21, 19:26)Lenni schrieb: [ -> ]So war es auch damals, Verstärker hatten eine bestimmte, limitierte Leistung. Also musste ich als Lautsprecherbauer die Teile dementsprechend fertigen. 

Ja und nein. Das auch bei Röhren waren hohe Ausgangsleistungen möglich; das ist halt nur ein wenig abhängig vom Röhrentyp und dem Schaltungskonzept. Ok, mit einer 300B in Single Ended Betrieb sind max. 7 Watt drin,mit einer 211 ca. 20 und mit einer 845 ungefähr 35 bis 40 Watt, mit einer 851 (?) dagegen bei 2500 V Anodenspannung und 10A Heizstrom geht aber auch über 100 Watt Class A/ Single Ended. Wechselst Du mit einer 300B aber auf Parallel Single Ended dann verdoppelt sich die Leistungsausbeute quasi.

Nimmst Du dagegen eine "einfache 6CA7 aka EL34 und wechselst auf Push Pull, dann sind das ca. 35 Watt je Kanal, verdoppelst Du die Röhren, dann sind es bereits 70 Watt.

Und all das war damals schon möglich als diese Röhrentypen erstmalig das Laufen lernten.

(07.12.21, 19:26)Lenni schrieb: [ -> ]Doch irgendwann kamen dann die Transistor Verstärker und die Leistung konnte (beinahe) beliebig gesteigert werden. 

Ja und nein. Heute kann man it dieser Technologie hohe Ausgangsleistungen stabil zur Verfügung stellen. In den Anfangstagen aber war auch hier die Ausgangsleistung ziemlich limitiert und der Unterschied zwischen Röhre und Transistor äußerte sich in den Anfangstagen eher weniger anhand der Ausgangsleistung und auch noch nicht über den Preis. Das kam beides erst später. 

Auch gab es nach der Einführung des Transistorverstärkers noch ziemlich lange Lautsprecher nach guter alter Väter Sitte mit hohem Wirkungsgrad. Das änderte sich erst mit dem Wechsel von händischer Fertigung auf maschinelle und vollständig industrialisierte Fertigung. Der Grund dafür ist übrigens genauso spannend wie auf den ersten Blick unverständlich. 

Die hochindustrialisierte Fertigung erfordert für jedes Bauteil einen vordefinierten Toleranzbereich, damit zwei Bauteile hinterher auch zueinander passen. je weniger Ausschuß man haben will, desto genauer muß diese Toleranz eingehalten werden und je größer muß diese Toleranz aus Kostengründen auch ausfallen. Das führt aber bei einem Lautsprecher dazu, dass der Spalt zwischen Schwingspule und Kern größer wird, der Leistungsbedarf ansteigt und der Wirkungsgrad nicht nur linear sondern exponentiell abnimmt. Gleichzeitig steigen sogar noch die Verzerrungen sehr deutlich an.

Bei der Manufakturfertigung wurden diese Dinge exakt wie für einen hohen Wirkungsgrad und eine sehr hohe Güte benötigt zueinander passend gefertigt und man erhielt deshalb Lautsprechertreiber mit hoher Güte und hohem Wirkungsgrad.

Misst man z.B. einen WE-555 Druckkammertreiber aus den 40er Jahren dann produziert dieser deutlich unter 5% Verzerrungen, ein Druckkammertreiber aus heutiger Fertigung dagegen annähernd 15 bis 20%.
Wie Nagra mit ihrem neuen Plattenspieler für geschmeidige 175.000€.
Kannst du auch nur mit Platten spielen……….
(07.12.21, 19:41)höanix schrieb: [ -> ]HighEnd ist doch nur ein Marketinggag um möglichst viel Geld mit möglichst wenig Arbeit zu verdienen.
Und so lange alle schön mitmachen und der Kunde sich darüber freut daß er verar Sick  wird ist doch alles bestens.
(HighEnd ist die Kunst den Kunden so über den Tisch zu ziehen das er die entstehende Reibungshitze als behagliche Nestwärme empfindet)

Da muss ich allerdings vehement widersprechen.

Natürlich beinhaltet die Definition "High End" auch viel Schwachsinn, ich habe aber einige High Ender im Freundeskreis,
deren klangliches Ergebnis mich schnell ins stille Kämmerlein verziehen lässt, obgleich ich sicherlich schon einen ganzen
Schritt vom Mainstream Equipment entfernt bin.

Es gibt keine Yamaha, Onkyo, Kenwood oder Technics Kombination, die nur im Ansatz einem Emitter von Friedrich Schäfer
das Wasser reichen könnte. Handmade in Germany kostet mehr, der Gegenwert ist aber nicht zu verachten.

Alle zwei Wochen höre ich bei unserem wechselseitig stattfindenden Musikabend auf einer ATT (Advanced Tube Technology) Kombi
aus Röhren-Vorverstärker und zwei Röhren-Monoendstufen an Sonus Faber Stradivari. Das ist für mich High End, da kommt kein
Großserienhersteller auch nur in die Nähe....
@"Don_Camillo"
Das stimmt.. Das Wettrennen um immer mehr Leistung gibt langsam los.. Bis irgendwann die Leistung als Merkmal für Qualität galt..
Und natürlich gibt es auch heute noch Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad.. Und auch Hersteller die das Gott sei Dank nicht 100 prozentig mitmachen..
Es ging vor allem um die technischen Konzepte, die man zumindest hinterfragen kann..

Elpi

Hallo Rolf,

die Auslegung der Toleranzen habe ich in den Jahren,
nach meiner damaligen Ausbildung zum Werkzeugmacher,
live erlebt.

Wie verlängert man auf einfache Art die Standzeit
eines Werkzeuges das in der Presse läuft?

Es wurden die Toleranzen bis zum Äußersten
erweitert.
Nach dem Motto, es wird schon gut gehen.

Grüße
Jürgen
Zitat:Es gibt keine Yamaha, Onkyo, Kenwood oder Technics Kombination, die nur im Ansatz einem Emitter von Friedrich Schäfer

das Wasser reichen könnte. Handmade in Germany kostet mehr, der Gegenwert ist aber nicht zu verachten.
Hallo Michael,

das sehe ich jedoch anders.
Ich besuchte vor ca.8 Jahren Hernn Schäfer Privat in Herborn und hatte meinen derzeitigen Acuphase 306 mit im Gepäck.
Mir gefiel sein Emitter2 glaube sogar+ im gegenhören zum Acuphase gar nicht.
Hatte ihm seinen Sony  ES 779 Swoboda 2+ abgekauft...
Er hatte mit mir noch einen Rundgang in seiner Firma gemacht.
Aber die kochen da auch nur mit Wasser Wink und LEDs
(07.12.21, 20:47)RHK schrieb: [ -> ]hatte meinen derzeitigen Acuphase 306 mit im Gepäck.
Mir gefiel sein Emitter2 glaube sogar+ im gegenhören zum Acuphase gar nicht.

Der Accuphase spielt auch in einer anderen Klasse als die von mir genannten.

Mit dem Emitter II HD höre ich bei einem guten Freund sehr häufig an der Zingali Overture 3s.
Er stellt für mich die Spitze des Transistorverstärkers dar. Und ich habe nicht gerade wenig Geräte gehört ...
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