Machen wir weiter – und gehen zurück in der Geschichte, in die Bronzezeit von Matsushita (und Japanern im Audiobereich allgemein):
Dieses Fossil ist ein National Panasonic (Technics) SU-3600 von 1970.
Dies ist das damalige Topmodell der integrierten Verstärker und Nachfolger des von Christian (#Darkstar) bereits gezeigten SU-50A von 1969. Mit jenem hat er denn schaltungstechnisch auch relativ viel gemeinsam.
Als Zeitzeuge ist der Verstärker ziemlich interessant. Man erkennt viele gute Eigenschaften – hervorragende Verarbeitungsqualität, solide Bauteile (v.a. Trafo und Kühlrippen), sinnvolle Schaltungskniffe (Vor- und Endstufenmodule haben separate Stromversorgungen, deshalb die drei Netzteilelkos), symmetrische Versorgungsspannung der Endstufen, deshalb kein Trafo oder Koppelelko im Ausgang (wie auch beim SU-50A – das war damals ein Novum und Verkaufsargument!).
Mit zu sehen ist aber auch Antiquiertes: quasikomplementäre Endstufen (letztes grosses Modell damit; die nächste Revision SU-3602 hatte bereits eine vollkomplementäre Schaltung), stellenweise Freiverdrahtung und abenteuerlich alte Abgleichanweisungen (man bekommt das Gefühl, das Gerät sei von Röhrentechnikern entwickelt worden, was wohl auch stimmen dürfte).
Besonders ärgerlich: die Leiterplatinen sind wohl aus Hartpapier und haben weder Lötstoppmaske noch brauchbare Bauteilbeschriftungen. Das macht die Fehlersuche umso aufwändiger.
Ganz schlimm ist die nachträglich reingebastelte Lautsprecherschutzschaltung. Das sind die zwei gestapelten Platinen mit dem Relais neben dem Trafo. Die sind nicht im Schaltplan vorhanden und ich habe sie auch nicht untersucht. Fakt ist: das Relais schaltet nicht die Lautsprecher frei (die kommen sofort beim Einschalten, mit ordentlich Gleichspannung auf den Ausgängen in den ersten Sekunden). Gem. Internet ist das Relais stattdessen im Normalbetrieb deaktiviert (kann ich bestätigen) und springt erst im Fehlerfall an. Dann schliesst es angeblich die Ausgänge bei DC kurz und lässt somit die Schmelzsicherungen durchbrennen – unglaublich, was damals noch gemacht wurde.
Wirklich "kaputt" war an dem Kasten eigentlich nichts, oder alles, je nach Betrachtung. Die Trimmpotis stammten wohl aus einem Kohlebergwerk:
Die sollten eigentlich silberfarben sein... funktionierten aber alle noch.
Sämtliche Schalter und Potis sehen ähnlich aus.
Ein grosses Problem an meinem Gerät ist der enorme Rauschanteil, der kurioserweise mit Muting und Kompensation des Lautstärkereglers deutlich reduziert ist. Dabei schaltet der Muting-Knopf nur einen weiteren Widerstand zu oder raus:
Das sollte man wohl nicht direkt am Ausgang der Vorstufe machen, da man damit (logischerweise) die Ausgangsimpedanz ungünstig beeinträchtigt. Lautstärke- und Balanceregler hingegen wirken noch direkt an den Eingängen, vor der Vorstufe, was sich genauso unvorteilhaft auf die Eingangsimpedanz ausübt. Eben: steinaltes Design.
Ein Malheur ist mir dann aber doch noch passiert: bei Messung am Phono-Ausgang (109) bin ich aus versehen mit Tastspitze an das Gehäuse von TR105 gekommen...
Die Gehäuse ungeschirmter Transistoren sind i.d.R. mit dem Kollektor verbunden; TR105 hat ein Metallgehäuse. Ich habe damit quasi die Versorgungsspannung gegen den Ausgang kurzgeschlossen. Hat gefunkt und weg war die Phonostufe.
Der Fehler war hier aber dank der einfachen Schaltung sofort klar: beide Phono-Kanäle waren weg, und da beide über einen einzelnen Längstransistor (TR107) versorgt werden, konnte es nur der sein. Und so war's auch; TR105 und der Rest blieben unversehrt.
Danach gab's noch einen Abgleich; auch hier wieder mit Holzhammer-Anweisungen. Beispiel Phono: das Handbuch diktiert, man soll die Phonostufe absichtlich übersteuern und dann den Bias so einstellen, dass die (geclippte) Wellenform symmetrisch ist. Muss wohl so, weil Class A. Hingekriegt hab ich's leider nicht; obwohl die Trimmpotis funktionieren, hat die Wellenform keinen Wank gemacht. Zur Einstellung vom Icq der Endstufen muss eine Drahtbrücke temporär aus- und wieder eingelötet werden.
Schlussendlich... ist das noch kein Happy End. Das Gerät gehört eigentlich totalzerlegt und tiefengereinigt; die Frontplatte ist aber dermassen verbaut, dass ich da keine Motivation dazu hatte.
Und selbst wenn man alles auf Vordermann bringt: technisch "gut" wird diese Schaltung nie werden, nicht mal für Standards von z.B. 1976.
Deshalb wird die Kamelle hier so gefahren, wie sie ist, als Relikt der letzten Jahre, in denen noch wirkliche Fortschritte in der Verstärkertechnik erzielt wurden. Denn Musik macht der Bursche ganz nett – und optisch ist es eine der gelungensten Kreationen überhaupt.
Dieses Fossil ist ein National Panasonic (Technics) SU-3600 von 1970.
Dies ist das damalige Topmodell der integrierten Verstärker und Nachfolger des von Christian (#Darkstar) bereits gezeigten SU-50A von 1969. Mit jenem hat er denn schaltungstechnisch auch relativ viel gemeinsam.
Als Zeitzeuge ist der Verstärker ziemlich interessant. Man erkennt viele gute Eigenschaften – hervorragende Verarbeitungsqualität, solide Bauteile (v.a. Trafo und Kühlrippen), sinnvolle Schaltungskniffe (Vor- und Endstufenmodule haben separate Stromversorgungen, deshalb die drei Netzteilelkos), symmetrische Versorgungsspannung der Endstufen, deshalb kein Trafo oder Koppelelko im Ausgang (wie auch beim SU-50A – das war damals ein Novum und Verkaufsargument!).
Mit zu sehen ist aber auch Antiquiertes: quasikomplementäre Endstufen (letztes grosses Modell damit; die nächste Revision SU-3602 hatte bereits eine vollkomplementäre Schaltung), stellenweise Freiverdrahtung und abenteuerlich alte Abgleichanweisungen (man bekommt das Gefühl, das Gerät sei von Röhrentechnikern entwickelt worden, was wohl auch stimmen dürfte).
Besonders ärgerlich: die Leiterplatinen sind wohl aus Hartpapier und haben weder Lötstoppmaske noch brauchbare Bauteilbeschriftungen. Das macht die Fehlersuche umso aufwändiger.
Ganz schlimm ist die nachträglich reingebastelte Lautsprecherschutzschaltung. Das sind die zwei gestapelten Platinen mit dem Relais neben dem Trafo. Die sind nicht im Schaltplan vorhanden und ich habe sie auch nicht untersucht. Fakt ist: das Relais schaltet nicht die Lautsprecher frei (die kommen sofort beim Einschalten, mit ordentlich Gleichspannung auf den Ausgängen in den ersten Sekunden). Gem. Internet ist das Relais stattdessen im Normalbetrieb deaktiviert (kann ich bestätigen) und springt erst im Fehlerfall an. Dann schliesst es angeblich die Ausgänge bei DC kurz und lässt somit die Schmelzsicherungen durchbrennen – unglaublich, was damals noch gemacht wurde.
Wirklich "kaputt" war an dem Kasten eigentlich nichts, oder alles, je nach Betrachtung. Die Trimmpotis stammten wohl aus einem Kohlebergwerk:
Die sollten eigentlich silberfarben sein... funktionierten aber alle noch.
Sämtliche Schalter und Potis sehen ähnlich aus.
Ein grosses Problem an meinem Gerät ist der enorme Rauschanteil, der kurioserweise mit Muting und Kompensation des Lautstärkereglers deutlich reduziert ist. Dabei schaltet der Muting-Knopf nur einen weiteren Widerstand zu oder raus:
Das sollte man wohl nicht direkt am Ausgang der Vorstufe machen, da man damit (logischerweise) die Ausgangsimpedanz ungünstig beeinträchtigt. Lautstärke- und Balanceregler hingegen wirken noch direkt an den Eingängen, vor der Vorstufe, was sich genauso unvorteilhaft auf die Eingangsimpedanz ausübt. Eben: steinaltes Design.
Ein Malheur ist mir dann aber doch noch passiert: bei Messung am Phono-Ausgang (109) bin ich aus versehen mit Tastspitze an das Gehäuse von TR105 gekommen...
Die Gehäuse ungeschirmter Transistoren sind i.d.R. mit dem Kollektor verbunden; TR105 hat ein Metallgehäuse. Ich habe damit quasi die Versorgungsspannung gegen den Ausgang kurzgeschlossen. Hat gefunkt und weg war die Phonostufe.
Der Fehler war hier aber dank der einfachen Schaltung sofort klar: beide Phono-Kanäle waren weg, und da beide über einen einzelnen Längstransistor (TR107) versorgt werden, konnte es nur der sein. Und so war's auch; TR105 und der Rest blieben unversehrt.
Danach gab's noch einen Abgleich; auch hier wieder mit Holzhammer-Anweisungen. Beispiel Phono: das Handbuch diktiert, man soll die Phonostufe absichtlich übersteuern und dann den Bias so einstellen, dass die (geclippte) Wellenform symmetrisch ist. Muss wohl so, weil Class A. Hingekriegt hab ich's leider nicht; obwohl die Trimmpotis funktionieren, hat die Wellenform keinen Wank gemacht. Zur Einstellung vom Icq der Endstufen muss eine Drahtbrücke temporär aus- und wieder eingelötet werden.
Schlussendlich... ist das noch kein Happy End. Das Gerät gehört eigentlich totalzerlegt und tiefengereinigt; die Frontplatte ist aber dermassen verbaut, dass ich da keine Motivation dazu hatte.
Und selbst wenn man alles auf Vordermann bringt: technisch "gut" wird diese Schaltung nie werden, nicht mal für Standards von z.B. 1976.
Deshalb wird die Kamelle hier so gefahren, wie sie ist, als Relikt der letzten Jahre, in denen noch wirkliche Fortschritte in der Verstärkertechnik erzielt wurden. Denn Musik macht der Bursche ganz nett – und optisch ist es eine der gelungensten Kreationen überhaupt.
LG Beni | ベニ


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