Die Elektrostaten Ohrologica
#1
Unter Sonstiges wollte ich es nicht packen, da habe ich es mal in die Rubrik Lautsprecher gesteckt; immerhin geht es darum das Musiksignal "bestmöglich" dem Ohr zukommen zu lassen.

Hier soll es also um die elektrostatischen Kopfhörer im Allgemeinen und Jene der Firma Stax im Besonderen gehen. 

Ein elektrostatischer Kopfhörer besitzt eine dünne, elektrisch leitfähige Folienmembran, welche sich in einem statischen Hochspannungsfeld bewegt. Das ist im Fall von Stax und den älteren (nicht Pro) Modellen bzw. vor 1982 eine Hochspannung (aka Bias) von angeblich 230 Volt und bei den sog. Pro-Modellen eine Hochspannung von 580 V - so wird es mehrfach berichtet, doch das werden wir bei den Kopfhörerverstärkern natürlich gegenchecken. Deshalb aber werden deren Kopfhörer auch wahlweise mittels eines Übertragers am Lautsprecherausgang oder eben unter Zuhilfenahme eines dedizierten Kopfhörerverstärker angetrieben.

   

Den Anfang machte das Modell SR-1 in 1960; die Modelle SR-2 und SR-3 folgten in 1968, das neue Spitzenmodell folgte mit dem SR-X in 1970, mit Weiterentwicklungen in 1972 (SR-X MK2) und 1975 (SR-X MK3). In 1975 führte STAX dann noch eine Einstiegsserie (SR-40 und SR-80) mit Elecret-System ein und das neue Oberklassemodell SR-5; der SR-X blieb aber das Topmodell.

   

Bis 1982 vertrauten alle elektrostatischen Staxe auf eine runde Folienmembran, was sich mit Einführung des Lambda änderte und fortan für die ToTL Modelle eine rechteckige Folienmembran zum Einsatz kam. In 1993 und mit Einführung des neuen Topmodelles SR Omega ging man zurück zur kreisrunden Folienmembran, was in der Omega Linie bis heute beibehalten wurde. Der rechteckigen Membran sagt man eine etwas härtere Gangart und den runden Membranen ein smootheres und trotzdem besser aufgelöstes und feineres Klangbild nach. Vielleicht ist auch genau das der Grund, weshalb die alten SR-5, SR-5 Gold und SR-X heute noch so beliebt sind und der altehrwürdige SR Omega immer noch als einer der besten je gebauten Kopfhörer gilt.

Bevor das in einen Glaubenskrieg ausartet wende ich mich lieber einem anderen Thema in diesem Feld zu - den Speiseteilen bzw. Kopfhörerverstärkern. Die Entscheidung gegen Lambda und für z.B. SR-5 habe ich nämlich für mich nach direktem Vergleich bereits vor über 20 Jahren getroffen. Ein Omega lohnt sich für mich aber nicht wirklich, da ich die Kopfhörer dafür zu selten nutze.

Zwischen 1960 und 1974 gab es zuerst Röhrenkopfhörerversteärker bzw. vollwertige Vorstufen, welche auch den notendigen Kopfhörerverstärker für die Kopfhörer mit sog. Normal-Bias bereitstellten. Das waren ab 1960 der SRA-4S und SRA-6S, gefolgt von SRA-7s (1966) und SRA-8s (1967). In 1967 gab es dann einen Hybriden (SRA-3s) und ab 1974 mit dem SRA-10s und 1977 mit dem SRA-12s Transitortechnik.

Oben habt Ihr gemeinsam mit meinem SR-5 bereits den kleinen portablen Kopfhörerverstärker SRD-X gesehen, welcher in 1979 vorgestellt wurde und sowohl stationär mit einem Steckernetzteil als auch mobil mit 6 C Batterien betrieben werden kann und dann die nötige Versorgungsspannung für einen sog. "Normal"-Elektrostaten zur Verfügung stellt; nach Datenblatt sind es 230V Bias bzw. 210 Vrms/1kHz zwischen 20-20,000Hz +0 -2dB mit 0,03% Klirr (bei 1kHz und 100Vrms). Das ist schonmal gar kein so schlechter wenn auch kleiner Kopfhörerverstärker. Die Batterien halten je nach verwendeter Type zwischen 25 und 75 Stunden - Ihr wisst ja, mit Duracell trommeln und rennen die Häschen länger.  Big Grin

   

Ebenfalls in 1979 gab es dann den SRM-1, welcher dann von SRM-1 Pro ergänzt und von SRM-1 MK2 sowie SRM-1 Pro MK2 bis 1982 zur Einführung der Lambda Modelle abgelöst wurde. Allerdings handelt es sich um keine Neu- oder Weiterentwicklung; schaltungstechnisch handelt es sich um idente Schaltungen, welche für den höheren Pro-Bias nur eine kleine Zusatzplatine erhalten haben und diese direkt von der Trafowicklung parallel zur Versorgung des Normal-Bias abzapfen. In der Normal-Version des SRM-1 sind die beiden Anschlussbuchsen parallel verschaltet, in der Ausführung mit einem Anschluss für Pro-Bias eben getrennt. Es gibt allerdings gut und gerne 4 verschiedene Platinenversionen.

   

Hier sieht man im Schaltplan oben rechts im gestrichelt umrandeten Bereich auch sehr gut den Teil, der für den Pro-Bias in mindestens 3 Ausführungen auf einer Zusatzplatine angesiedelt wird.

Die SRM-1 Versionen stellen nach Datenblatt also für Normal-Bias 230V Bias bzw. 410 Vrms/1kHz bzw. 580V Bias bei 370 Vrms/ 1kHz zwischen 5-20,000Hz ±1dB mit 0,05% Klirr (bei 1kHz und 100 Vrms). Auch das darf als sehr guter Kopfhörerverstärker gelten und wurde auch bei den hauseigenen nachfolgenden Modellen bis Ende der Neunziger eigentlich nicht getoppt. Selbst die heutigen Kopfhörerverstärker wie ein SRM-400s sehen intern noch Ihren Vorfahren aus den Achtzigern sehr ähnlich. Kein Wunder also, dass diese hier auch nicht wirklich gravierend (in Sachen Wiedergabequalität) haben zulegen können.

Warum schreibe ich das? Na ja, Jeder wird sicher seine eigenen Vorlieben bei Kopfhörern haben, klar klingen Electrostaten auch irgendwie individuell. Festhalten muss man aber, dass sie auflösungswunder sind und genau so wie sie ein offenes und luftiges Klangbild abgeben so ist Ihr Tragekomfort luftig und unbeschwert offen. Die Ohren überhitzen nicht, sind nicht hermetisch mit den Ohrpolstern abgekapselt und man kann noch die Umgebung in der man sich befindet wahrnehmen. Auch klar, dass ein elektrostatischer Kopfhörer das Problem der mit nur einem Kopfhörerverstärker noch nicht korrekt laufzeitentzerrten räumlichen Darstellung beheben kann, das Problem hat man aber mit jedem Kopfhörer solange man an dieser Stelle nicht mit einem Zusatzgerät (bei Stax z.B. der Diffusfeld-Entzerrer ED-1) ansetzt.

Will man also in hoher Qualität mit einem Kopfhörer Musik genießen, nicht aber so viel Geld ausgeben, dann bieten sich eben gerade die älteren Stax-Modelle an. Und wenn man sich für einen aus dieser Garde entschiedet, dann braucht man eben keine Angst zu haben, dass man im Vergleich zu "Heute" wirklich etwas verpassen würde. Auch kann man sich ohne Weiters für die etwas günstiger gehandelten Normal-Bias Versionen des SRM-1 entscheiden und einen Pro-Bias-Anschluss sehr einfach "nachrüsten". Das macht preislich wirklich viel aus. So gibt es heute auf dem Markt

- einen SR-5 oder SR-X Kopfhörer solo ab ca. €150, für einen Lambda auch solo wird knapp das Doppelte und mehr fällig
- einen SR-5 oder SR-X Kopfhörer in Verbindung mit einem Speiseteil oder einem SRD-X Kopfhörerverstärker ab ca. €200 aufwärts
- einen SRM-1 oder SRM-1 MK2 mit nur 2 Anschlüssen für Normal-Bias findet man ab €300, für einen mit einem Pro und einem Normal-Bias werden gut €400 fällig. ist da noch ein Kopfhörer dabei geht´s bei ungefähr €500 los
- die modernen Sets gibt es neu ab ca. €1500 aufwärts, gebraucht ab ca. €1000 aufwärts
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