Goldnote
#17
(12.02.23, 10:30)Giglio schrieb: Nachtrag zu RUMPELGERÄUSCHE.

Mir ist bei einigen dreher der höheren Preisklasse aufgefallen, das solche Werte hoch sind, gemessen an alten Dreher.

Ich weiß ja nicht, welche Werte Du hier verglichen hast, aber ich schreibe trotzdem mal ein kategorisches Nein. Ich kenne keinen Plattenspieler aus moderner Fertigung und dabei ist es egal aus welcher Preislasse dieser stammt, der in Sachen technischer Qualität (Wow & Fluter aka Gleichlauf und Rumpelgeräuschspannungsabstand) der oberen Mittelklasse und Oberklasse von damals auch nur im Ansatz überlegen wäre. Problematisch ist zudem, dass die Hersteller heute meist diese Werte gar nicht mehr nennen, weil auch die Gazetten diese gar nicht mehr verlangen und die Schreiberlinge diese gar nicht mehr verstehen. Heraus kommen dann Hörbewertungen, die an den Haaren herbeigezogen sind und technisch minderwertigen Schrott zu sehr deutlich überzogenen Preisen verhökern helfen.

Um das nochmal ganz deutlich zu machen. Gleichlaufwerte im Bereich von 0,1% entsprechen der minderwertigen Qualität eines Einsteigerplattenspielers und sowas bekam man damals für unter DM 150 bei Conrad und heute ab €20 im lokalen Kleinanzeigenteil.

Wir müssen aber glaube ich zuerst ein paar grundsätzliche Zusammenhänge klären:

Der Riemenantrieb ist die primitivste Form eines Plattenspielers. Hierbei soll der Riemen die Laufgeräusche des Motors vom Plattenteller fernhalten. Laufgeräusche des Motors entstehen bei einem (Wechselspannungs-)Synchronmotor z.B. durch Reibung in seinem Vertikal- und Axiallager und werden durch das sog. Polruckeln und das daraus resultierende, systemimmanent vorhandene, mehrmalige Beschleunigen und Abbremsen, welches die Motorwelle mit seinem Rotor je Umdrehung des Motors mehrmals gegen vertikale Lagerung schlagen lässt. Die Ursache ist also das mehrmalige Beschleunigen und Abbremsen, was für einen sehr unruhigen Gleichlauf steht und das Resultat sind sowohl Gleichlaufschwankungen am Teller als auch deutliche Laufgeräusche.

Der unruhige Gleichlauf des Synchronmotors verstärkt übrigens den Dehnungsschlupf des Riemens, so dass gerade mal noch die "Funktion" die Laufgeräusche des Motors irgendwie vom Teller fernzuhalten.

Mit einem Riemenantrieb und einem (Wechselspannungs-)Synchronmotor ist also bei aller Liebe und selbst mit einem externem Netzteil, welches den an sich schon recht stabilen 50 Hz Sinus des europäischen Stromnetzes bis auf die zweite Nachkommastelle korrekt nachbaut, nie unter 0,04% zu bewegen. Da spielen nämlich auch noch andere Faktoren (wie schon oben angesprochen: Polruckeln, Tellerlager, Dehnungsschlupf des Riemens, etc.) mit. In der Realität sehen die 0,1% welche Goldnote angibt schon deutlich realistischer aus und Werte unter 0,05% für den Gleichlauf wurden auch bei den Print-Gazetten meist nicht gemessen, wenn der Plattenteller über 4 kg Gewicht mitbrachte. 

Festhalten kann man aus den (alten) Messungen, dass ein schwacher Motor weder mit leichtem (Gleichlauf > 0,06%) noch mit schwerem Teller (Gleichlauf > 0,08%)  funktioniert, ein mittelprächtig kräftiger Motor mit schwerem Teller  (Gleichlauf > 0,075%) ebenfalls nicht und je drehmomentstärker der Motor wird, der Teller unter 4 kg bleibt und das Polruckeln entfällt (z.B. durch Verwendung eines bürstenlosen Gleichstrommotors) desto eher bewegt sich der Wert für den Gleichlauf in Richtung der 0,04%. Erst mit einem Gleichstrommotor mit hohem Drehmoment und einem faserverstärkten Riemen und/ oder anderen Hilfsmitteln wie einer Umlenkung zum Ausschluss des Dehnungsschlupfes kommt man bei einem Riemenantrieb dann in die Nähe der Gleichlaufwerte von Top-Laufwerken. Sowas wird aber auf dem Markt eigentlich nicht angeboten, weil das wiederum (und Vorsicht böse) mehr technisches Verständnis erfordert als alle heutigen Hersteller (das sind ja mehrheitlich nur Kaufleute und Quereinsteiger und keine studierten Maschinenbauer oder gelernte Werkzeugmacher) zusammen besitzen.

Es gibt da eine einzige Ausnahme: Frank Schröder hat das für Artemis Labs mit dem SA-1 umgesetzt. Und das Teil habe ich bei Frank schon vor Jahren live und in Farbe spielen gehört. Damals war er gerade mit dem Prototypen fertig geworden und ich zu Besuch in Berlin. Daneben stand ein Onkyo PX-100m und der Artemis kam dem schon recht nahe.

Der Rumpelgeräuschspannungsabstand gibt übrigens an, wie gut die Tonaufnahme an der Nadelsitze aus der Schallplattenrille von allen Umgebungs- und Systemgeräuschen isoliert ist. 

Somit werden hier alle Lauf- und Rumpelgeräusche im Tellerlager, alle Geräusche und (die HiFi-Nerds lieben diesen Begriff ja ungemein) Resonanzen der Stellfläche, alle Geräusche/ Resonanzen des Tonarms, des Tonarmrohres, der Tonarmbasis, der Plattenspielerzarge, des zur Messung genutzten Generators im Tonabnehmersystem und das Federverhalten der Füsse in diese Messung eingeschlossen. 

Je kleiner dieser Wert desto schlechter also.
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Goldnote - von Giglio - 05.02.23, 2:28
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