Keramiksysteme
#1
Hi,

auf die Gefahr hin langsam auf die Nerven zu gehen (va. evtl. Leuten die auch woanders mit lesen....) möchte ich hier auch mal einen Faden zu einem mir momantan sehr liebgewonnen Thema beginnen.

Vorweg: Meine Begeisterung bzgl. Keramiksysteme bezieht sich nicht auf alte Non-Hifi-Systeme mit Auflagekräften jenseits der 3g und Frequenzgängen die schon vor der Hörbarkeitsgrenze enden. Auch möchte ich jetzt nicht soweit gehen die Qualitäten in den Sphären hochwertiger Magnetsysteme zu verorten wie man gelegentlich lesen kann. Aber die Teile haben einfach ihren ganz eigenen Reiz und spielen richtig an-/abgeschlossen zumindest sowas von gut dass einem erstmal die Kinnlade herunterfällt. Vielleicht nicht weil`s das Beste ist. Eher weil man dann doch völlig andere Erwartungen an solche Budget-Systeme hat.

Alle Systeme betriebe ich am MM-Eingang (vom Pioneer SA-706, sehr Pegelfest bis 200mV) mit Velocitone-Schaltung von Sonotone. Die Schaltung wandelt das amplitudenabhängige Signal des Keramiktonabnehmers in ein geschwindigkeitsabhängiges wie bei Magnetsystemen um. Somit wird dann natürlich auch wieder eine Entzerrung notwendig.

Ich bin einfach absolut begeistert wie gut die Dinger spielen. Woran es liegt weiß ich auch nicht. Die Auflösung ist absolut Klasse, die Bässe fett. Auf dem Niveau eines Shure aus der M75 Familie mit Ellipse auf jeden Fall.

Ich zeig einfach mal a Bisserl was. Und bitte ned schimpfen, den Plattenteller vom 1229er poliere ich im Winter nochmal richtig. Ich schwör. Wink


Als erstes gleich ein wenig was Exotisches. Ein Grado BCR bzw. BCE (R=Rundnadel, E=Ellipse). Mit originaler Ellipse. Das System spielt direkt am MM-Eingang. Und das ab ca. 1g Auflagekraft. Der Sweetspot liegt eher irgendwo bei 2g. Die Compliance ist durch verschieben der Nadel einstellbar.

   

Sehr schöner ausgewogener Sound mit der keramiktypischen tollen Auflösung. Spielt sehr entspannt und läd zum längeren Hören ein.


Das Nächste kennt wohl jeder. Aber wohl nicht den vollem Umfang seiner Fähigkeiten. Auch in englischsprachigen Foren in denen sich mit Keramiksystemen auseinandergesetzt wird fliegt es unter dem Radar. Wohl weil den Meisten unbekannt ist, dass es auch Halbzollversionen davon (CDS661, hab ich leider selber nicht) gibt.
Das kanllt echt rein. Top Auflösung und satte, knackige Bässe. Und das mit neuer original DN8 (Safir, sphärisch). Eine extra für mich umgetippte Ellipse bringt keinen Vorteil. Momentan einer meiner klaren Favoriten:
CDS 660:

   

Spielt übrigens bei 2,75g tadellos.

Weil`s mir Spaß macht mach ich da einfach mal weiter und zeige ein wenig was. Vielleicht hat ja sogar jemand Bock das Ganze auch mal zu probieren.

Viele Grüße

Roman
[-] Die folgenden 8 users Gefällt Tornadone's post:
  • fr.jazbec, rowo, tschuklo, höanix, Lenni, Darkstar, Jan, Xosh2501
Zitieren Return to top
#2
(20.09.23, 14:19)Tornadone schrieb: auf die Gefahr hin langsam auf die Nerven zu gehen

Du bedienst hier ein für dieses Forum ganz neues und vor allem anderes Thema.

Die meisten hier, ich schließe mich da ein, werden sich vorher kaum eingehend mit solchen Systemen beschäftigt haben.
Ein frischer Wind ist daher eine willkommene Abwechslung und nervt definitiv nicht Big Grin
Gruß
Michael
[-] Die folgenden 6 users Gefällt Spitzenwitz's post:
  • DUAL Tom, tschuklo, Lenni, low_fi, Tornadone, Jan
Zitieren Return to top
#3
Ja, da hast du wohl recht. Für mich ist das einfach eine riesen Spielwiese die ich mir auch leisten kann. Sonstige hochwertige Systeme habe/hatte ich nur wenn ich mal nen Schnapp mit irgendeinem Konvolut gemacht habe.

Auf die Idee bin ich eigentlich erst gekommen als ich einfach ins Blaue ein kleines Konvolut mit dem Grado gekauft hatte. Das war leider auf einem Kanal tot, aber ich hatte dann eine neue sphärische und 3 neue eliiptische Nadeln dafür. Dann habe ich nach dem Grado gesucht und konnte eines tauschen und gleichzeitig eines günstig kaufen.
Das fand ich so faszinieren dass ich viel (englisch) dazu gelesen habe. Daraufhin hab ich angefangen gezielt nach den Keramiks der letzten Ausbaustufe zu suchen. Garnicht soooo einfach. Vieles bekam ich von Andreas von platten-spieler.de mit dem ich immer mal was tausche. Aber Vieles ist auch schlichtweg nicht aufzutreiben obwohl, wenn mal angeboten, nicht wirklich teuer.

Am meisten interessiert mich eigentlich im Moment warum die Dinger so gut klingen. Und das mit Nadeln, denen man es echt nicht unterstellen würde. Aufgeschnappte Thesen sind zb die Geschwindikeit mit der das Signal erzeugt wird oder eine evtl bessere Politur der weicheren Saphire.

Dieses hier ist bis jetzt mein Favorit. Das Sonotone 9TAF. Ein 9TA mit Flexitone-Nadel (Cantilever ist schwingend angebracht, ist ja eigentlich Standard). Compliance bei 8 und nominell 3-5g Auflagekraft. Spielt aber ab 2,5g absolut einwandfrei.

   

Leider fehlt mir noch die High-Compliance Variante 9TAHC (Compliance von 15 und 2-5g Auflagekraft). Gibt es aber recht häufig auf der Nachbarinsel. Nur immer wenn ich gespart habe entdecke ich was Anderes was eigentlich schlechter verfügbar ist. Rolleyes 

Wie letztens dieses Goldring CS-90:

   

Spielt auch sehr ausgewogen und unaufgeregt. Nicht schlecht aber fast langweilig. Allerdings ist die Nadel ein Nachbau. Original gab`s eine scharfe Rundnadel mit 12,5mü und ne Ellipse.
Blöderweise macht das jetzt neugierig auf die Version mit der Ellipse die auch nochmal andere Compliancewerte hat.

Viele Grüße

Roman
[-] Die folgenden 2 users Gefällt Tornadone's post:
  • Lenni, Darkstar
Zitieren Return to top
#4
Es gibt auch "Enttäuschungen". Die beiden folgenden Systeme wurden in einem Beitrag im Lenco-Heaven hoch gelobt. Ich bin angesichts dessen aber doch etwas enttäuscht.

Der Schocker an der Hifi-Kette:

   

Das allseits bekannte Billigstsystem. Ehemals Chuuo Denki irgendwas soviel ich weiß. Jetzt China-Massenware zu 2,50€/Stck. Angeblich auch toll. V.a. mit Ellipse von LP-Gear. Bei mir nur mit Chinanadel. Allerdings immerhin mit Alu-Cantilever.
Bei 3g dunpf, stumpf, matt. Einfach leblos. Kann mir schlecht vorstellen, dass da mit ner besseren Nadel allzuviel mehr geht. Zugegebenermaßen müsste man das auch mal mit einem japanischen Original vergleichen. Trotz des Lobes isses absolut nicht meins.

Ich teste übrigens alle Systeme soweit möglich nur mit neuer Nadel. Und dann im relativ schnellen Wechsel (1 Song immer wieder, momentan Word Up! von Cameo) mit anderen Systemen um nicht "Gehörblind" zu werden. Vergleichen tue ich dabei mit bekannten Standards um das Gehör auch weg von der Keramik wieder etwas zu "Nullen". Momentan sind das Dual DM-101 (Shure M75/M91) mit neuer gebondeter Originalellipse und das Panasonic EPS 270 mit ebenfalls gebondeter Nachbauellipse (keine Ahnung von wem. NOS ohne Herstellerlabel, klingt echt schön).


Das hier wurde ebenfalls hoch gelobt und ist wohl mit das Beste was BSR zu bieten hat: BSR SC5M

   

Leider enttäuscht es mich auch. Auflösung passt. Aber im Bass deutlich schwächer. Das mag im Kontext einer Kompaktanlage evtl gut klingen. So fehlt einfach was. Ich habe auch schon die Vorgängersysteme mit Kristall getestet. Aber das SX5M und das SX6M treffen meinen Geschmack noch weniger. Klingen halt einfach "kristallig".
Ich habe noch ein BSR SC11M hier liegen für das ich diese Woche noch die passende Nadel bekomme. Mal schaun was das bringt.

Viele Grüße

Roman
[-] Die folgenden 3 users Gefällt Tornadone's post:
  • Jan, Spitzenwitz, Lenni
Zitieren Return to top
#5
Hallo Roman,

das ist nicht nur ein ganz spezielles sondern schon ein echtes Nischen-Thema; aber interessant. Also bitte unbedingt weitermachen

(20.09.23, 15:00)Tornadone schrieb: Aufgeschnappte Thesen sind zb die Geschwindikeit mit der das Signal erzeugt wird oder eine evtl bessere Politur der weicheren Saphire.

Da würde ich in beiden Fällen sogar (fast) kategorisch widersprechen.

Saphire sollte man überhaupt nicht an Schallplattenrillen heranlassen und dort von einer besseren Politur zu sprechen ist schon mehr als mutig. In der DDR waren Ressourcen ja knapp und deshalb gab es da in der VEB Schallplatten Dingsbums eine amtliche oder besser wissenschaftliche Untersuchung über die Standfestigkeit von Saphir- und Diamant-Nadeln.

Ergebnis: Bei Saphirnadeln lohnt über Politur zu sprechen überhaupt nicht, da diese laut dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung und Vergleichstests nachweislich nach 5 bis 6 Plattenseiten bereits die Rille nachhaltig beschädigen. Diamantnadeln zeigen je nach Verrundungsradius erst nach sehr vielen Stunden überhaupt Verschleißerscheinungen. Bei Rundnadeln sind es ca. 150h und ab ca. 250h traten die ersten Beschädigungen an der Rille auf. Bei elliptischen Nadelschliffen konnte auch nach über 750h kein Verschleiß und demzufolge auch keinerlei Beschädigung an der Rille festgestellt werden.

Die Geschwindigkeit wie Du es beschreibst kommt nicht von der Nadel oder dem Wirkprinzip des Tonabnehmers sondern entsteht aus der Rillenbahn mit ihren Bergen und Tälern und der Umdrehungsgeschwindigkeit. Das ist also bei jeder Nadeltonabtastung ident.

Schaust Du Dir aber die damaligen Frequenzschriebe der Keramiktonabnehmer an, so fällt auf, dass die Hochtonresonanz deutlich weniger ausgeprägt ausfällt 

   

und das deutet vielleicht darauf hin, dass sich so ein Keramiktonabnehmer elektrisch evtl. ähnlich einem Strain Gauge Tonabnehmer verhält. Da findet sich im TA ein Dehnungsmessstreifen und dieser ändert je nach Dehnung oder Stauchung seinen Innenwiderstand und damit auch den durchfließenden Strom. Das ganze erfolgt absolut linear, so dass auf die Signale der Musikreproduktion übersetzt es wie bei einem hochwertigen MC Tonabnehmer dann quasi auch keine Phasenverschiebung gibt. Damit besäße dann ein Keramiktonabnehmer ggf. einen kleinen technischen Vorteil gegenüber MM, MI und HO MC.
[-] Die folgenden 1 user Gefällt Guest's post:
  • Tornadone
Zitieren Return to top
#6
(20.09.23, 16:07)Don_Camillo schrieb: Da würde ich in beiden Fällen sogar (fast) kategorisch widersprechen.
Da bin ich soweit bei dir. Dachte ich mir auch schon. Auch wenn ein Saphir besser poliert ist spielt`s keine Rolle weil er innerhalb kürzester Zeit von der Rille poliert wird.

Was die Geschwindigkeit betrifft meine ich dass behauptet wurde das elektrische Signal käme schneller/direkter aus dem System selber. Aber wie gesagt, nur aufgeschnappt.


Bezüglich Strain-Gauge.....

Meinst du sowas? Wink Big Grin Big Grin

   

Viele Grüße

Roman
[-] Die folgenden 1 user Gefällt Tornadone's post:
  • Jan
Zitieren Return to top
#7
Hier zwei Überraschungskandidaten:


Das Sharp C-717. Klingt echt klasse und macht Spaß. Von allem genug vorhanden. Leider keinerlei weitergehende Informationen. Verbaut wurde es wohl auch von Hitachi in Kompaktanlagen. Der Nadeleinschub sieht ein wenig wie bei einem MM aus und hat ne Diamantnadel.

   

Und ganz ähnlich gefällig, und das trotz Saphir und Kunststoffcantilever ist das JVC / Nivico DT-51. Ebenfalls keine Daten zu finden und ich glaube auch nur an Kompaktanlagen u.a. bei Schneider verbaut worden.

   

Viele Grüße

Roman
[-] Die folgenden 1 user Gefällt Tornadone's post:
  • Jan
Zitieren Return to top
#8
(20.09.23, 16:39)Tornadone schrieb: Bezüglich Strain-Gauge.....

Meinst du sowas? Wink Big Grin Big Grin
[Bild: https://plattenspieler-forum.de/attachme...nail=26798]

Ja, genau sowas. Das gab es damals von verschiedenen Herstellern und gibt es auch heute noch in ganz kleiner Stückzahl. Sowas klingt schon sehr sehr ordentlich und kann anmachen. Aber hochwertige MCs können aus meiner Erfahrung heraus dann nochmals mehr, kosten aber auch gerne mal ein Arm und ein Bein.
[-] Die folgenden 1 user Gefällt Guest's post:
  • Tornadone
Zitieren Return to top
#9
Auch wenn es böse klingt..... solche Systeme habe ich normalerweise entsorgt Cry 
Das es hierfür einen Markt gibt, habe ich nicht erwartet.

Interessiert habe ich gerade eine Bestandsaufnahme in noch unsortierten Kisten mit Tonabnehmern gemacht.

Es tauchten auf:

- Dual CDS 630
- Dual CDS 641
- Dual CDS 650
- Dual CDS 660
- Lesa C-1
- Philips GP-214
- Philips GP-215
Gruß
Michael
[-] Die folgenden 1 user Gefällt Spitzenwitz's post:
  • Tornadone
Zitieren Return to top
#10
Naja böse.... Wer hat das nicht so gemacht. Mich interessiert das Ganze ja auch noch nicht so lange.
Vor zwei Wochen hab ich sogar tatsächlich das erste Mal ein Kristallsystem aus einer halb zerschredderten Musiktruhe vom Wertstoffhof mitgenommen. Ein BSR Mono-System. Natürlich gleich ausprobiert. Und ich muss sagen dass es schon mal eine interessante Hörerfahrung ist ein System zu hören dessen Grenzen sich ganz deutlich im hörbaren Bereich befinden. Ab 6 oder 7 kHz geht da nämlich nix mehr. Das meine ich auch durchaus ernst. Die Erfahrung wie es sich anhört wenn ab diesen Frequenzen nix mehr kommt ist doch interessant.

Deine Systeme sind sogar teilweise ganz reizvoll. Das CDS 640 zb ist ziemlich selten. Ich weiß noch nicht mal ob es das letzte Kristall - oder das erste Keramiksystem von Dual ist. Zumindest das erste der neueren Bauart in das auch die DN8 Nadel passt. Und du hast auch noch die Halbzollvariante.
Das CDS 650 hat leider meist Gummilagerprobleme.
Das Lesa ist sehr einfach und eher nix.
Und die Philips sind ja leider nur mit entsprechendem Headshell am Philips Dreher zu betreiben.

Von Philips würde mich immer noch das GP 390 extrem reizen. Sieht aus wie ein langes MM mit Halbzollhalterung und ist wie das Grado auch am MM-Eingang zu betreiben.

Aber ob's einen Markt dafür gibt oder ob hauptsächlich ich der Markt bin kann ich nicht einschätzen.

Viele Grüße

Roman
Zitieren Return to top


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste