Mal ne Frage, was bringt ein besserer Motor an einem Masselaufwerk?
#1
Hallo, ich nutze seit mehr als 20 Jahren einen Scheu Premier mit 12* Scheu Classic Tonarm und dem DDR Motor. Der Classic, der mir seit längerem mit seinem Handling auf den Nerv geht, soll demnächst durch einen SME 3012R ersetzt werden, bliebe noch der DDR Motor. Diesen habe ich zwar schonmal gewechselt und habe auch noch einen NOS in Reserve, aber viele Scheu Nutzer berichten, daß ein Update auf einen besseren Motor(z.B. Sperling)ein deutlicher Schritt nach „vorne“(was auch immer das ist)war.
Mich interessiert jetzt erstmal theoretisch was ein besserer Motor überhaupt leisten kann. Der DDR Motor bringt den Plattenteller ja auch auf Stroboskop kontrollierte Solldrehzahl und für den Gleichlauf sollte doch eigentlich der schwere Plattenteller sorgen.
Was kann mir also ein besserer Motor in meinem Anwendungsfall bringen?
Gruß Rüdiger
Gruß Rüdiger 
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#2
Hallo Rüdiger,

zuerst muss man ganz realistisch sagen dass natürlich bei vielen Nutzern auch Vorhänge weggerissen werden wenn die Tellermatte getauscht wird, ein Kabel getauscht wird u.s.w.

Das Prinzip eines Masselaufwerks ist eigentlich einfach. Ein Motor hatte immer leichte Gleichlaufschwankungen. (heute geht es ganz ohne, aber soweit ich weiss wird so etwas nicht im Plattenspieler eingesetzt.)
Nun nehme ich eine Motor mit geringem Drehmoment und treibe einen schwerer Plattenteller an. wenn der Motor nunmal kurz schneller oder langsamer dreht, überträgt sich diese Spitze nicht komplett auf den Plattenteller, da dieser aufgrund seiner Masse recht träge ist. 
Trotz des geringen Drehmoments kann sich jedoch ein Plattenteller leicht aufschaukeln. Denn die Kraft ist ja da, diese wird auch an den Riemen übertragen, d.h. der Antriebsriemen längt sich ein wenig. Diese Kraft wird dann langsam an den Teller übertragen. 
Setzt man nun einen Motor ein der deutlich linearer läuft, so läuft auch das Laufwerk ruhiger. 
P.S. wir reden hier von geringen Drehzahabweichungen, diese sehen wir auf einem Stroboskob nicht. Diese kann man lediglich mit einer Testplatte messen. 

Wichtig wäre es die Werte der beiden Motoren zu kennen und zu verleichen. 
Dies ist jedoch meist das Problem bei recht modernen Plattenspielern, hier werden oft die technischen Daten gar nicht gemessen und gelistet. 
Man weiss also nicht wirklich woran man ist.
Manchmal, wenn ich ein bisschen neben mir stehe und gucke, was ich da so mache, muss ich plötzlich grinsen. Und dann lachen wir beide.  Big Grin
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#3
Hi Lenni
Die genauen Messwerte kenne ich leider nicht.
Der Scheu Motor wäre dieser hier
http://krishu.de/pll-antrieb/
der Sperling Motor wird hier beschrieben
https://static1.squarespace.com/static/6...eprobe.pdf
Gruß Rüdiger
Gruß Rüdiger 
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#4
Ja, das  (Massenträgheit löse das Gleichlaufproblem) wird immer wieder behauptet, ist aber leider nicht richtig.

Höheres Drehmoment und die Eliminierung von Schlupf im Antrieb führt erstmal zu einem besseren Gleichlauf, besserer Phasenlage, besserer Plastizität und auch zu einer besseren räumlichen Staffelung.

Beim Gleichlauf des Plattenspieler bzw. besser getroffen des Plattentellers haben wir immer zuerst ein "mechanisches" Problem, denn durch eine sich ändernde Drehzahl werden "Berge" und Täler" in der Rille mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und die Schnelle an sich mit unterschiedlicher Beschleunigung abgetastet. Das führt dazu dass die Nadel nie einheitlich tief in der Rille an sich "läuft" und damit auch deren Kontaktfläche nie einheitlich zur Rillenflanke "steht". Diese kleinen Verschiebungen der Kontaktfläche resultieren in kleinen Phasenverschiebungen und sind als Änderung in der Plastizität, der räumlichen Darstellung der Bühne in deren Breite, Höhe und Tiefe erkennbar. Wenn man also von Gleichlaufschwankungen und deren Effekten spricht, dann äußert sich das in den wenigsten Fällen durch Leiern sondern immer und deutlich auffälliger durch eine Änderung in der Räumlichkeit und Plastizität.

Eine Phasenverschiebung an sich sorgt z.B. für teilweise Auslöschungen im Frequenzband (das ist die simplifizierte Darstellung des Effekts) aber auch dafür, dass die zeitliche Abfolge von z.B. dem Anreißen einer Saite nicht mehr vollständig bzw. korrekt dargestellt wird. Da fehlt dann dem Ton eine für Plastizität wichtige Information. Sind diese Informationen aber da dann bekommt eine menschliche Stimme auch diese Brust, das Volumen, den Körper den wir aus einem Konzertsaal kennen und eine Saite z.B. schnarrt, wenn sie heftig angerissen zurückschnellt.

Es macht also durchaus Sinn bei einem Riemenantrieb auch in Verbindung mit einen schwereren Plattenteller den Antrieb zu überarbeiten. Die "Arbeitsfelder" wären 
  • Dehnungsschlupf eliminieren - also weg vom String hin zu mind. einem faserverstärkten Gummiriemen, besser noch zu einem Riemen ohne Eigendehnung mit Umlenkung und Vorspannung wie beim Artemis Labs SA-1 (Bild 3 in diesem Artikel)
  • drehmomentstarker Motor
  • Motorregelung mit entweder Abnahme der Drehzahl und nachkorrigierender Regelschleife oder negativem I-Regler nach Manfred Huber oder Mark Kelly

P.S.: Ein Zwischenschritt und deutlich preiswerter aber nicht schlechter als Sperling und Co. könnte ein gleitgelagerter Capstan-Motor aus einer A-77 mit der zugehörigen Regelplatine in einer gedrehten Motordose sein. Dieses "Konstrukt" hat man benutzt bevor Sperling und die anderen modernen Nachmacher auf dem Markt erschienen sind.
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#5
Wenn der jetzige Motor 0.5% Gleichlauf Schwankungen hat und der andere lediglich 0.2%, dann wird das höchstwahrscheinlich schon hörbar sein.
Aber diese Werte müsste man haben.. Dann könnte man vergleichen..
Manchmal, wenn ich ein bisschen neben mir stehe und gucke, was ich da so mache, muss ich plötzlich grinsen. Und dann lachen wir beide.  Big Grin
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#6
(23.12.23, 21:21)Lenni schrieb: Wenn der jetzige Motor 0.5% Gleichlauf Schwankungen hat und der andere lediglich 0.2%, dann wird das höchstwahrscheinlich schon hörbar sein.
Aber diese Werte müsste man haben.. Dann könnte man vergleichen..

Der Motor an sich wird wegen der sog. PLL-Steuerung weniger Gleichlaufschwankungen aufweisen, der Plattenteller aber wegen String und dem schwachen Motor durchaus in diese Richtung (~0,5 bis 0,8%) gehen. 

Auch hier spielt uns übrigens die Psychoakustik einen Streich. Die Effekte eines schlechteren Gleichlaufs spielen sich ja in den Dimensionen Räumlichkeit und Plastizität ab. Die Bühne wird also weniger breit, hoch und tief dargestellt, die Kontur um Instrumente ist weniger ausgeprägt vorhanden und es fehlen einfach ein paar Details. Gleichzeitig aber rückt auch alles näher zusammen und das verstärkt den Eindruck eines geschlossenen Klangbildes. Mit dem weniger Details verschmiert auch der Bassbereich, so dass sich das Klangbild in Richtung dunkler verschiebt und je mehr Ebenen in der räumlichen Wiedergabe fehlen, desto mehr tritt dieser Effekt der angeblichen Schwärze im Hintergrund zu Tage. 

Wenn also alles zusammenrückt und das Klangbild beim Wechsel des Motors dunkler und diese sprichwörtliche Schwärze im Hintergrund "auftaucht" dann fällt unser Kopf auf die die Wiedergabequalität verschlechternden Effekte herein; der Gleichlauf an sich wird dabei aber leider immer schlechter.
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#7
O.K. Scheint also ein Thema zu sein bei dem es sich lohnt sich damit zu befassen.
Jetzt warte ich erstmal auf den SME, hoffe dass sich nichts verschlechtert klanglich und werde dann mal schauen wie ich an einen besseren Motor komme. Den Stringantrieb finde ich auch eher so semi, dickere Antriebe belasten aber das Motorlager. Ich denke so habe ich den Vorgänger auch gekillt.
Gruß Rüdiger
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