Kann man eine Kaufberatung für Lautsprecher geben?
#1
Für mich sind ja Lautsprecher eigentlich das interesannteste Thema im gesamten Bereich HiFi. 
Der Grund ist ganz einfach, wenn ich einen Plattenspieler habe, so funktioniert dieser bei jedem von Euch gleich gut oder eben gleich schlecht. 
Hier gibt es in der Regel 2 Messwerte und dann ist es wie beim Quartett damals in der Grundschule.
Beim Lautsprecher sieht das ganze etwas anders aus. Was bei mir toll klingt, das muss bei anderen eben nicht automatisch toll klingen. 
Und, die Messwerte beim Lautsprecher sind leider auch mal so gar nicht vergleichbar. 
Eins haben (fast) alle gleich, die Art wie gemessen wird. Leistung 1 Watt, Messabstand 1 Meter im Freifeld. 
Der erste Wert der mit dieser Messung ermittelt wird ist der Schalldruck. Also wie laut ist der Lautsprecher in einem Meter Entfernung. Das ist klar, das ist vergleichbar.
Dann wird es etwas komplizierter, der Frequenzbereich, also welcheFrequenzen werden übertragen?
Nur damit man mal einen Eindruck gewinnen kann stelle ich hier mal eine Frage, sind die unten genannten Lautsprecher gut? 

Es handelt sich um Aktivboxen, aber das ist unwichtig für die Frage:

Frequenzbereich: 25Hz - 20 kHz (-6 dB)
Frequenzverlauf: 50Hz - 12 KHz (+/- 2 dB)

Wenn man diese Werte sieht, dann ist man erstmal nicht begeistert. 
Wenn ich nun den Preis nenne, dann bekommt man hingegen Schnappatmung: 32.000€ natürlich pro Stück!

Nun kommt man aber zum Kern der Sache, warum sind diese Teile so teuer?
Bei Lautsprechern geht es nur um Linearität, das ist alles. 
Man sieht, selbst diese sehr hochpreisigen Engländer (ATC) spielen lediglich von 50Hz - 12 KHz relativ linear. (+/- 2 dB) Das sind halt auch schon 4 dB
Also, die meisten Lautsprecher können 20-20.000 Hz dann wäre dies jedoch +/- 10 dB (oder ähnlich)
Man sieht also, die Angabe des Frequenzbereichs ist eigentlich vollkommen unwichtig, da es keine Norm gibt. Auch ein Breitbänder kann 20 dB Töne darstellen. Diese sind dann halt so extrem leise dass es fast ist als wären die Töne nicht vorhanden. 
Aber, da es keine einzige Richtlinie gibt, bringen diese Angaben erstmal gar nichts. 

Und hinzu kommt ein weiteres Problem, diese Frequenzen wurden im Freifeld gemessen. 
Also ein Produkt, das ich immer drinnen einsetze, das wird draußen gemessen. 
(Also wie damals bei Dieselgate, fahre ich mit meinem VW nur im Labor auf der Rolle, dann ist der recht umweltfreundlich)

Hier kann man also schon mal direkt festhalten, selbst unter freiem Himmel sind die Werte der Lautsprecher nicht vergleichbar. 

Weiter gehts mit den Problemen:
Ich setze mal voraus dass wir alle den Hörraum im Haus haben, nicht im Garten.
Nun hat der Raum einen extremen Einfluss, sprich aus den (+/- 2 dB) werden eher (+/- 6 dB)
und jeder Raum ist dazu noch anders!

Genug Probleme? 
Nein, noch lange nicht... 

Es gibt:
- Breitband Lautsprecher
- 2 Wege
- 3 Wege
- 4 Wege
Bass mit Doppelhorn
Bass mit Mittel/Hochtonhorn
Offene Schallwände, bzw. mehrfach Breitbänder.

Ist schon eine tolle Auswahl, nicht?
Wir noch schöner:#
Das alles gibt es als:
geschlossene Box
Bassreflex 
oder Transmissionsliene
bzw. ohne Gehäuse als Schallwand

und nun kann man mal rechnen wie viele Kombinationen es gibt. 
Und hinzu kommt, jede Gehäuseform (Bassreflex, geschlossen.... ) verhält sich im Raum grundlegend anders. 

Und, auch das ist ein Teil der Wahrheit, jedes Konzept hat eine Daseinsberechtigung.
Oft denkt man, Breitband ist minderwertig, 3 Wege ist super.
Auch das ist ein Trugschluss. 3 Wege sind in der Regel viel günstiger in der Herstellung. Denn, bei praktisch allen Lautsprechern steckt das know-how in den Gehäusen. 
Jeder Lautsprecher hat seine Zicken, also nehme ich nur das was das Chassis einigremaßen kann, für andere Frequenzen nehme ich andere Chassis.
Beim Breitband muss ich also alle Zicken mithilfe eine Weiche und dem Gehäuse austreiben. Das ist viel aufwendiger und somit auch recht teuer. 
Der Vorteil der Breitbänder ist hingegen eine super Bühnendarstellung, es gibt lediglich 2 Schallquellen und keine Übergangsfrequenzen. 

Und so könnte ich die Liste der Probleme noch unendlich weiterführen.
Umso überraschender ist für mich dann ein Test in Zeitungen, die dann sogar mit einer Kaufempfehlung enden. 
Nur soviel dazu, man höre sich mal meine Klipsch Heresay bei mir an und im Vergleich beim Michael. 
Da ist die ganze Kette vollkommen wumpe. Das ist nur, einzig und allein der Raum. 

Was annäherd funktioniert ist wenn man Lautsprecher besitzt von denen man die Frequenzkurve (Freifeld) kennt. 
Dies sind z.B. Bassreflex Boxen.
Nun misst man bei sich im Raum. Ist der Bass (Was übrigens meistens der Fall ist) deutlich höher als im Freifeld, so sollte man erstmal nicht unbedingt Bassreflex Lautsprecher suchen, sondern es lieber mit geschlossenen Gehäusen, oder Transmissionslinie versuchen.. 
So kann man zumindest eine kleine Vorauswahl treffen. 
Ist der Mittel und Hochtonbereich sehr unruhig im Frequenzverlauf, so könnte ich durch den Einsatz von Hornlautsprechern diesen evtl. etwas beruhigen. (Weniger Reflexionen, da anderes Abstrehlverhalten)

Am Ende des Tages muss es einem gefallen und gut ist. 
Das Problem ist nur, man gewöhnt sich an einen Klang. Also ohne zu messen, wird man ofmals immer in die verkehrte Richtung rennen. (immer mehr Bass z.B.)

Jeder kann mal ein schmerzhaftes Experiment machen. 
Man hört einfach mal 2 Wochen lediglich mit einem Kofferradio. 
Wenn man dann wieder mit der richtigen Anlage hört bemerkt man erst wie groß die Bühne ist. 
Man wird absolut begeistert vom Sound sein.. So will man es immer haben, aber nach 3 Tagen ist der Zauber wieder vorbei, man ist daran gewöhnt.
Manchmal, wenn ich ein bisschen neben mir stehe und gucke, was ich da so mache, muss ich plötzlich grinsen. Und dann lachen wir beide.  Big Grin
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#2
Hallo Lenni
Ich nutze ja tatsächlich diese(?)ATCs. Ob sie den aufgerufenen Preis wert sind, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Was ich aber sagen kann ist, daß die ATCs Studiomonitorgene mit Musikalität und Timing(Fußwippfaktor)verbinden. Eine KH420 klingt dagegen recht steril in meinen Ohren.
Würde ich sie nochmal kaufen? Ich weiß es nicht genau, es war schon eine spezielle persönliche Situation damals(Anfang 2020). Zumindest kann ich ehrlich sagen „ich bereue den Kauf nicht“. Das ist doch schon mal was.😉
Meine ATCs sind genau die hier in Kirschfunier.
http://www.audiostereo.ro/ATC%20reviews/...eoplay.pdf
Gruß Rüdiger 
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#3
Cool, das wusste ich nicht. 
Die von mir gewählten waren jedoch keine Studiomonitore sondern das größte Modell aus der Hifi Serie. 
ATC habe ich vor allem gewählt da diese meistens zwei Frequenzbereiche mit verschiedenen Abweichungen angeben. 
Bei den meisten Herstellern findet man die Abweichung, die übrigens immer existiert, meist überhaupt nicht, was für mich eine Frechheit ist.
Manchmal, wenn ich ein bisschen neben mir stehe und gucke, was ich da so mache, muss ich plötzlich grinsen. Und dann lachen wir beide.  Big Grin
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#4
Ja, man kann durchaus Empfehlungen aussprechen.
Wenn man den Einsatzzweck der Lautsprecher kennt, kann man durchaus abschätzen, ob er für den Einsatzzweck passt oder nicht.
Dabei sind Angaben wir der Wirkungsgrad natürlich erstmal egal. Einen schlechten Wirkungsgrad kann man ja problemlos mit einem stärkeren Verstärker ausgleichen.
Wir sind ja auchnicht einfach so im hier und jetzt gelandet, sondern verfügen durchaus auch über Erfahrungswerte.
Kleine Boxen sind im Nahbereich meist gut.
Für große Räume braucht es Boxen mit großen Bässen, da nur diese auch genug Luft bewegen können.
Jeder von uns kennt geschlossene Lautsprecher, Bassreflexboxen, viele kennen Transmissionlines, einige kennen Dipole und Rundumstrahler.
Eine Box nur nach den Daten zu beurteilen, klappt vermutlich nicht. Aber wenn man dazu dann noch ein Bild von dem Lautsprecher hat, ist das sicher schon deutlich besser.

Am Ende muss man eine Box natürlich immer am Einsatzort hören
Gruß

Jan


Hifi ist zu 40% Klang und 40% Optik. Der Rest sind Vorlieben.

Dreher im aktiven Einsatz:
JVC QL-Y55F, SABA PSP 910, Technics SL-1300, Hitachi PS-58

Abzugeben:
Sharp Optonica RP-5100, Luxman PD-284, Sonab OA5, SABA 60L

ToDos:
Dual: 1019, Dual 1219, Revox B795, Sony PS 5550, Technics SL-Q 33
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#5
Hallo Lenni
Die ATC Angaben sollen recht konservativ sein(ich lache gerne wenn ich über Boxen in Foren lese die bis 20Hz runtergehen). Die Paarabweichungen sind wirklich sehr gering, siehe hier.
https://www.hifinews.com/content/atc-scm...lab-report
Bei Audioscience Review werden die ATCs auf Grund ihrer Messwerte jedoch regelmäßig runtergemacht.
Mein Grund für den Kauf nach 35 Jahren Selbstbauboxen, ich wollte einfach etwas was funktioniert, einen garantierten Reparaturservice bietet und eine hervorragende Chassisqualität bietet(da waren meine TDL Monitor Compact nämlich nicht so pralle).
Wenn dir der Weg nach Hattingen nicht zu weit ist kannst du sie dir gerne mal anhören.
Gruß Rüdiger 
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#6
Da komme ich gerne drauf zurück.. 
Immer sehr gerne..
Manchmal, wenn ich ein bisschen neben mir stehe und gucke, was ich da so mache, muss ich plötzlich grinsen. Und dann lachen wir beide.  Big Grin
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#7
(26.12.23, 1:21)Jan schrieb: Einen schlechten Wirkungsgrad kann man ja problemlos mit einem stärkeren Verstärker ausgleichen.


Am Ende muss man eine Box natürlich immer am Einsatzort hören

Wenn der Vertärker aber vorgegeben ist, schränkt das die Auswahl der Lautsprecher ein. Mit einem 2x3 Watt Single Ended Röhrenamp sind wirkungsgradschwache Lautsprecher im Regelfall schonmal raus. Ansonsten, wie du sagst, den passenden Verstärker besorgen.

Auch die bevorzugte Musik schränkt die Auswahl ein.

Wer da eine Empfehlung ausprechen möchte, sollte verdammt viel von einzelnen LS wissen und sich ganz viele Infos vom Interessenten holen.

Bin natürlich bei dir, dass man Empfehlungen aussprechen kann. Das wichtigste ist aber dein letzter Satz.

Ich denke die richtigen LS für sich zu finden, ist ganz viel try and error. So ist es jedenfalls bei mir und ich bin noch lange nicht am Ende der Reise angekommen. Ich probiere immer noch.
Beste Grüße
Ralf

Ich will immer glänzen, obwohl ich keinen Schimmer habe..... Sad .....(abgewandelt von Heinz Erhard)
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#8
Bei der Musik gebe ich dir absolut recht. Es gibt durchaus Lautsprecher, die in bestimmten Bereichen besser sind als in anderen.
Das mit dem Verstärker mag ich nicht so recht einsehen. Lautsprecher sind üblicherweise erheblich teurer als Verstärker. Also tauscht man im Zweifel den Verstärker mit aus.
Abgesehen davon, sind es ja auch die Boxen, die man wegen ihres Klangs aussucht. Halbwegs ordentliche Verstärker klingen hingegen kaum, wirklich gute Verstärker klingen nicht.

Ja, wenn man sich so eine asthmatische Heizung ans Bein bindet, ist man ganz sicher bei der Wahl der Lautsprecher eingeschränkt. Aber so etwas will man dann ja auch. (Warum auch immer man so etwas wollen sollte.)
Es ist ja nicht so, dass es schwierig wäre Verstärker zu finden, die fast alle Röhrenendstufen in den Schatten stellen, damit meine ich nicht die Leistung, sondern so etwas wie Linearität, Verzerrungsarmut und das Fehlen eines eigenen Klangs.
Gruß

Jan


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#9
Die richtigen Lautsprecher zu finden ist deshalb so schwer, weil Lautsprecher nie neutral sind. Lautsprecher sind immer ein Kompromis. Das bringt die Physik schon mit.
Eine ideale Schallquelle ist Punktförmig, dadurch werden Überlagerungen von Frequenzen vermieden. Aber eine Punkt hat nun mal keine Ausdehnung und deshalb kann er auch keine Luft in Schwingungen versetzen. Gerade Bässe müssen dafür möglichst groß sein. Ganz im Gegenteil zu Hochtönern, die besonders klein und leicht sein dürfen und sollen.
Lautsprecher klingen, denn sie haben immer Stärken und Schwächen und das meist sogar in mehreren Bereichen
Gruß

Jan


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#10
So viele Lautsprecher habe ich in meinem Leben noch nicht gehört, allerdings habe ich das Thema für mich  gedanklich so gelöst.


Es werden in Zukunft nur noch Aktivlautsprecher gekauft. Der Hersteller denkt sich schon was dabei, wenn er sie auslegt.

Es werden Studios sein. Hier gibt man das Geld nicht für Klavierlack  usw aus.

Es wird, wenn ich wieder flüssig bin, ein guter EQ  zugelegt.Wozu Jahre verbringen, einen Lautsprecher zu suchen, dessen Frequenzgang zu meiner Anhörsituatuin passt, wenn man diesen anpassen kann?


Unterm Strich muss allerdings jeder seinen eigenen Weg finden. Die Gesamtsituation (Hardware, Raum, Ohren, Musikrichtung) sind einfach zu verschieden, um von sich selbst auf andere schließen zu können.
Gruß Chris



Wer nicht selbst denkt, muss glauben was andere behaupten. Big Grin
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