Bei mir läuft im Moment

[Schaukelstuhl]

Bei mir  läuft im Moment das neue Album von Faber: Addio. Und zwar ein halbes Jahr vor dem Release.

Ja, ihr habt richtig gelesen. Faber spielt Anfang 2024 ein paar kleine Release-Konzerte und Karten gibt es nur zusammen mit einer Vinyl des neuen Albums. Das kann man kritisieren, man kann es aber auch begründen: Die Release-Konzerte sind keine gewöhnlichen, sondern voll und ganz dem neuen (unveröffentlichtem) Album gewidmet. Um also die Zuschauerschaft der kleinen Locations auf die "Liebhaber-Fans" zu begrenzen, werden die Tickets nur zusammen mit der Schallplatte verkauft. Und das beste: Die LP ist schon jetzt (Oktober 2023) bei uns Konzertbesuchern angekommen. Gut zwei Monate vor den Konzerten und über sieben Monate vor dem öffentlichen Release des Albums im Juni 2024.

Aber wer ist Faber überhaupt? Faber ist ein deutsch- und italienischsprachiger Indie-Pop Künstler aus der Schweiz mit einigen Folk-Elementen. Erst 2015 hat er seine Debut-EP "Alles Gute" veröffentlicht und damit trotz recht rustikaler Produktion einen würdigen Grundstein für seine folgende Karriere gelegt. Ungleich des Mainstreams der Musikindustrie lässt er sich aber Zeit mit seiner Musik: Zwei Jahre Später (2017) folgte erst sein erstes Album "Sei ein Faber im Wind", ein stilsicheres Konzeptalbum, auf dem der erste Song "Wem du's heute kannst besorgen" direkt zu seinem ersten Hit wurde.

   

Aber ein echter Genießer zählt wenig auf Hits, sondern mehr auf Gesamtkunstwerke. Faber liefert Konzeptalben, die du noch nie irgendwo gehört hast, aber dennoch überwiegend tanzbar sind. Die Texte sind oft "drüber", der künstlerische Wert und musikalische Qualität dennoch unverkennbar. All dem bleibt er mit seinem zweiten Album, der Doppel-LP "I fucking love my life", treu. Er wiederholt sich aber nicht, sondern schafft in dem Konzeptalbum von 2019 eine Rolle, die authentischer und fesselnder nicht sein könnte. Mit den Worten "Ich habe alte Freunde gegen falsche eingetauscht" und "Ich habe mehr Highlight im Gesicht als im Leben" nimmt er die Rolle eines gescheiterten Künstlers an, der die Kontrolle über sein Leben verloren hat. Ab der Ouverture (dem Intro) an, ist man Teil der "öffentliche Hinrichtung" eines schmierigen Stars voller demütiger und tanzbarer, mit "Das Boot ist voll" aber auch politischer Musik.

   

Nach diesen beiden Erfolgsalben hat es nur ein Jahr gedauert, bis mit dem Kollaborations-Album "Ich liebe dich" bekannt wurde, dass Faber wohl eine kleine musikalische Neuorientierung brauchte. Die 2020 veröffentlichte LP entsteht zusammen mit Sophie Hunger und Dino Brandão vollständig auf seiner Muttersprache Schweizer-Deutsch, ist inhaltlich nachdenklich und musikalisch ruhig. Natürlich verliert er dabei einige seiner bisherigen Verfolger, für die der Stil von Faber bei mit dem letzten Album, der öffentlichen Hinrichtung, wohl gestorben war. Auch ich persönlich war zu Anfang sehr skeptisch gegenüber der Richtung, die das Trio mit "Ich liebe dich" eingeschlagen hat. Nach wenigen Wochen wurde sie aber zu meinem täglichen Begleiter und ich habe den fast schon klassischen Stil so sehr zu lieben gelernt, dass das dritte Faber Album nun ebenfalls zu meiner engen Auswahl an Lieblingsplatten gehört - obwohl es verschiedener nicht sein könnte. Und ist es nicht das, was die musikalischen Fähigkeiten eines Künstlers eigentlich unter Beweis stellt?

   

Trotzdem freue ich mich, dass heute, nach über vier Jahren, der "alte Faber" wieder da ist. Ich habe mir die LP, die übrigens auf zwei Maxi-Singles gepresst ist, angehört und wurde nicht enttäuscht. Es ist natürlich ein Konzeptalbum, er hat sich weiterentwickelt und ist sich dennoch treu geblieben, es ist einiges tanzbar und anderes mit Folk-Einflüssen auf italienisch gesungen - was soll ich sagen: Ich freue mich auf das Konzert nächstes Jahr!

   

Faber: Sei ein Faber im Wind
Faber: I fucking love my life
Faber: Ich liebe dich
Faber: Addio  (Noch nicht auf Discogs gelistet)

Liebe Grüße
Levi