Präpotent oder doch nur progressiv - die Riemen-Sub-Chassis-Mär entschlüsselt
#1
Es ist ein Kreuz oder eine Rombe. Egal, fangen wir mal am Anfang an:

Wer die Frage stellt, Wer hat´s denn erfunden, kriegt hier als Antwort nicht die Schweizer  Big Grin

Das an drei Punkten aufgehängte Sub-Chassis war nämlich der Entwurf von Edgar Villchur und bildete die Design-Grundlage des im Jahr 1961 vorgestellten Acoustic Research XA Plattenspielers. 

   

   


Darin werkelte zudem ein Netzsynchronmotor mit Phasenschieber-Kondensator und das gesamte Paket gab es für heute lächerlich anmutende 58 Dollar (ok, das sind auf heute umgerechnet etwa €450). Qualitativ rühmte man sich die NAB-Standards für den Rundfunkbetrieb mindestens zu erreichen, so dass wir im Vergleich mit den nachfolgenden Plattenspielern ruhig diese Werte für Gleichlauf (Wow and Flutter) und Rumpeln heranziehen können: AR XA -> 0,08% WRMS, 43 dB DIN-A und ca. 65 dB DIN-B 

   

   


In 1965 kopierte Thorens dieses Design und brachte es im TD-150 -> 0,08% WRMS, 46dB DIN-A, 64 dB DIN-B

   

später dann und ab ungefähr 1972 auch in den Modellreihen TD-14x und TD-16x -> 0,06% WRMS, 45dB DIN-A, 65 dB DIN-B.

   
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#2
Das Subchassis des bereits in 1968 vorgestellten TD-125 offenbart, dass wir es hier im Vergleich zu den andern Modellen im Thorens Portfolio mit einer gänzlich anderen und deutlich höherwertigen Plattenspielerqualitätsstufe zu tun haben. TD-125 -> 0,06% WRMS, 48 dB DIN-A, 68db DIN-B

   

Vergleicht man die zuvor gezeigten Subchassis, so fällt auf, dass Jenes des TD-150 nur aus gekanteten Blechstreifen, Jenes des TD-14x und TD-16x sehr deutliche Anleihen bei den anderen Mitbewerbern wie Ariston RD-11 und/ oder LP12 nimmt, ohne diese aber technisch und qualitativ ebenbürtig umzusetzen und Jene des AR XA sowie des TD-125 aus Gußmaterial mit Versteifungen bestehen. 

Gehen wir aber weiter und erstmal auf die weiteren Mitbewerber ein:

Hamish Robertson gehörte seit spätestens 1967 Thermac, welche in 1970 in Ariston und später in Ariston Audio Ltd umfirmierte. Genau jene Ariston beauftragte 1970 Castle Precision Engineering Ltd. (die Firma von Ivor Tiefenbrunns Vater Jack) mit der Mitarbeit am Design und dem Bau des RD11-Plattenspielers. Der RD11 war mit einem 24-poligen AC-Synchronmotor mit hohem Drehmoment ausgestattet, der einen zweiteiligen 3,2-kg-Plattenteller über einen quadratischen Gummiriemen antreibt, welcher auf einem von Schraubenfedern entkoppelten Subchassis aus profiliertem Stahl sitzt. Ein Rutschkupplungsmechanismus am Riemenantrieb verhinderte eine Dehnung des Riemens beim Anfahren und der Motor bot zwei Geschwindigkeiten mit kleinen vorne angebrachten Trimmpotentiometern zur Feineinstellung der Geschwindigkeit. 

Ariston behauptete einen Wow-and-Flutter-Wert von 0,06 % WRMS und ein Rumpeln von 56dB DINA-A, 78 dB DIN-B, was für 1971er Verhältnisse sehr gut war.

   

   

Ende 1972 endete aber die Zusammenarbeit zwischen Ariston Audio Ltd. und Castle Precision Engineering und anstatt nur getrennte Wege zu gehen, gründete des Einen Sohn im Februar 1973 die Marke Linn Products Ltd und verkaufte die von Castle Precision designten und auch dort gefertigten Plattenspieler fortan als LP12.

   

Um ganz ehrlich zu sein, sieht das wie eine Kombination aus dem Design des Ariston RD-11s und der Anordnung des Tonarmbretter wie beim TD-150 aus. Aber wir sind hier auch noch in der Generation der Phasenschieberkondensatoren zur Befeuerung des Netzsynchronmotors und ähnlichen Qualitätsparametern wie beim Ariston RD-11s. Der LP12 erreichte damals übrigens 0,06%WRMS, 50dB DIN-A und 70dB DIN-B

Gleichzeitig trafen sich Tiefenbrun und Robertson bzw. deren Firmen allerdings mit einem ausgewachsenen Patentstreit vor Gericht. In der Folge verkaufte Robertson die Ariston Audio Ltd an by Dunlop Westayr Ltd. und trat in die Fergus Fons Ltd. als Geschäftsführer ein.

Bei Fergus Fons Ltd. entstand dann der wohl ausgereifteste Subplattenspieler seiner Zeit - der CQ-30. 

   

Und hier wird es durchaus spannend, denn der Plattenteller wird schwerer, das Subchassis ausgefuchster und man setzt auf einen Gleichstrommotor mit ordentlichem Netzteil. Hier wird sogar bereits ein Tachosignal abgetastet und darüber die Drehzahl erkannt und nachgeregelt.  Damit erreicht der CQ-30 dann immerhin 0,03% WRMS, 57dB DIN-A und 79dB nach DIN-B, was für damalige und heutige Verhältnisse sogar als durchaus spektakulär gelten darf.

   

Der Gleichstrommotor kommt z.B. ebenfalls im Philips GA-312 vor und die Steuerung sieht der des FONS fast zum Verwechseln ähnlich.

In der Folge gab es noch einige Nachmacher, welche aber bei weitem nicht die Verbreitung erreichten, wie die schon Aufgezählten. So startete man bei Strathclyde Transcription Developments in 1978 mit dem STD305, welchen es in verschiedenen Ausführungen und somit zz.B. mit 16 pol. Synchronmotor sowie 9V Gleichstrommotor gegeben hat. In der qualitativ hochwertigsten Ausführung schlug er mit £170 zu Buche und war damit fast doppelt so teuer wie der Ariston RD-11s, erreichte aber nur 0,04% WRMS, 50dB DIN-A, 70dB DIN-B

Da die qualitativen Eigenschaften im Text weniger plakativ wirken wie in der direkten Aufzählung gibt es diese hier nun in einer Qualitäts-Rangliste:

1. Platz -> FONS CQ-30 ->  0,03% WRMS, 57dB DIN-A, 79dB DIN-B
2. Platz -> Linn LP12 Lingo 1 bis Lingo 3, Cirkus -> 0,04% WRMS,  56dB DIN-A, 78 dB DIN-B
3. Platz -> Linn LP12 Valhalla, Cirkus -> 0,05% WRMS, 56dB DIN-A, 78 dB DIN-B
4. Platz -> Ariston RD-11s ->  0,06 % WRMS, 56dB DINA-A, 78 dB DIN-B
5. Platz -> Strathclyde Transcription Developments STD305D ->  0,04% WRMS, 50dB DIN-A, 70dB DIN-B
6. Platz -> Linn LP12 Urversion -> 0,06% WRMS, 50dB DIN-A, 70 dB DIN-B
7. Platz -> Thorens  TD-125 -> 0,06% WRMS, 48 dB DIN-A, 68db DIN-B
8. Platz -> Acoustic Research (AR) XA -> 0,08% WRMS, 43 dB DIN-A und ca. 65 dB DIN-B 
9. Platz -> Thorens  TD-150 -> 0,08% WRMS, 46dB DIN-A, 64 dB DIN-B

Vergleichen wir unseren 1. Platz nun mit anderen Riementrieblern der Jetztzeit, dann fällt auf, dass man sich schon deutlich in die Klasse oberhalb von €5000 bewegen muss, um diese die Wiedergabequalität maßgeblich bestimmenden Werte überhaupt zu erreichen. FONS CQ-30 oder einen Ariston RD-11s dagegen bekommt man zu Preisen, welche unter denen eines getunten, gehypten und überzahlten Thorens TD-14x oder TD-16x liegen. Zudem ist der Tonarmtausch bei diesen Plattenspielern nicht so ganz das Problem. Wer keinen Ariston RD-11s finet kann auch durchaus mit einem RD-11e oder dessen Nachfolger RD-80 Vorlieb nehmen.
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#3
Nur mal weils mir aufgefallen ist

Zitat:In 1969 kopierte Thorens dieses Design und brachte es im TD-150 -> 0,08% WRMS, 46dB DIN-A, 64 dB DIN-B

Der TD150 kam bereits 1965 auf den Markt der TD150 MKII dann 1969.

Dein Threadtitel ist für die Suche anderer jetzt auch nicht grade zielführend. Big Grin
Gruß
Jan-Cedric
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#4
Klasse aufbereitet und auch für Halbwissende wie mich verständlich geschrieben.
Viele Grüße Christian
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#5
Auch wenn ich fast nur Direktantriebe betreibe, sehr interessant  th_up

DANKE
Gruss Jürgen

Ein Tag ohne Musik ist wie Currywurst ohne Pommes. Kann man essen, macht aber keinen Spaß.  Cool
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#6
(11.09.23, 21:10)Hifijc schrieb:
Zitat:In 1969 kopierte Thorens dieses Design und brachte es im TD-150 -> 0,08% WRMS, 46dB DIN-A, 64 dB DIN-B

Der TD150 kam bereits 1965 auf den Markt der TD150 MKII dann 1969.

Danke für den Hinweis, da hast Du natürlich recht und habe ich oben im Beitrag gerade angepasst  th_up
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