(12.08.23, 7:48)hyberman schrieb: ... Ja, das DL-103 ist ein MC System und kann man nicht so wirklich mit einem MM System vergleichen ...
Zuerst einmal handelt es sich bei allen Tonabnehmern und unabhängig von deren Wirkprinzip immer nur um einen Wechselspannungsgenerator und einer Nadel mit Nadelträger dran, welche durch die Rille pflügt und dort die in den Rillenflanken gespeicherten Signale aufnimmt.
Deshalb kann man die verschiedenen Gattung sehr wohl miteinander vergleichen. Allerdings fallen die Unterschiede sehr deutlich anders aus, als gemeinhin angenommen und in aaanderen Foren oder den Gazetten behauptet.
Das Wirkprinzip ist nur ein anderes Design in der Anordnung von Magnet, Eisen und Spulenkreuz. Die eigentlich wirklich wichtigen Aspekte der sich daraus ergebenden konstruktiven Unterschiede aber formulieren sich eigentlich ausschließlich in den nachfolgenden zwei Aspekten:
- Die wenigen Wicklungen auf dem Spulenkreuz bei einem MC ergeben konstruktionsbedingt eine geringere bewegte Masse, welche erst ermöglicht, dass die Nadel der Rille immer mit gleichbleibendem Kontakt folgen kann. Das führt dann zu einer besseren Abtastung und mehr Details im Nutzsignal aber auch zu weniger Abtastfehler. Nur ein MI kommt in Sachen geringer bewegter Masse noch in die Nähe eines MCs.
- Bei MMs kann die Phasenlage nach eingestelltem Abschlusswiderstand bis zu 180 Grad verschoben sein. Das wäre gleichbedeutend mit vollständiger Auslöschung und würde das Thema nur zu sehr simplifizieren. Bei MCs aber beträgt Phasendrehung immer nur wenige Grad oder bis wenige Milligrad. Das bedeutet - und jetzt ist es mal absichtlich ganz technisch - das aufeinanderfolgende Töne bei einem MC immer frequenz- und phasengleich sind. Somit gibt es entgegen dem Verhalten eines MM also keinerlei Phasenverschiebung zwischen zwei Signalen, welche zum gleichen Zyklus mit hintereinander folgenden Tönen eines Musikstückes gehören auch wenn diese verschiedene Frequenzen aufweisen.
Die Psychoakustik, welche zu deutlich über 90% unsere klangliche Bewertung anleitet und auch den individuellen Geschmacksnerv mitprägt, fällt allerdings eher immer auf die offensichtlichen Effekte herein; also mehr oder weniger Bass, mehr oder weniger Hochton, ausgeprägter Mitteltonbereich. Diese dem Frequenzgangsverhalten des Wechselspannungsgenerators zuzuordnenden Eigenschaften der Tonalität sind aber nur teilweise vom Generator selbst beeinflusst sondern letztendlich ein Resultat des gewählten elektrischen Abschlusses des Generators/ Tonabnehmers.
Hier hatte ich dazu vor einiger Zeit bereits ausführlicher geschrieben.
Wenn der Tonabnehmer mit korrekt gewähltem elektrischen Abschluss und im zur Nadelnachgiebigkeit passenden Tonarm spielt, dann spielt er linear. Erst dann werden die wirklichen und technisch begründbaren klanglichen Unterschiede zwischen Tonabnehmern wirklich offensichtlich. Und diese äußern sich nun mal in Sachen Auflösungsvermögen, Räumlichkeit und Plastizität. Und ja, da ist dann eine Nadelspitze mit größerer Kontaktfläche zur Rille immer im Vorteil, weil diese nämlich mehr Informationen aus der Rillenflanke "lesen" kann.
Ein elliptischer Schliff hat also eine > 1,3 mal so große Kontaktfläche wie ein Sphärischer, bei Shibata ist die Kontaktfläche um den Faktor 2,8 bis 3,5 größer, bei vdH um den Faktor 4,3 und bei Micro Line um den Faktor 6. Je mehr Informationen im Nutzsignal enthalten sind, desto höher ist das Auflösungsvermögen und desto realistischer wird die Räumlichkeit und die Plastizität.
Deshalb bezeichne ich die DL-103 Familie mit Ihrem sphärischen Diamanten als totally overhyped und eben im Vergleich mit guten Tonabnehmern als "rostigen Nagel".
Ein Philips GP-420 III SST gehörte damals zu den Oberklasseabtastern und das nicht nur im hauseigenen Philips-Portfolio, die IIIST (SST= Super Sonic Tracking) Nadel hat einen Nadelschliff, der manchmal als Shibata-ähnlich, manchmal als Ogura und manchmal als Microlinear beschrieben wird; es holt also über 3 Mal mehr Informationen aus der Rille als der "rostige Nagel". Ganz klar also was "besser" ist. Es will allerdings mit 200pF und 23k Ohm abgeschlossen werden, um wirklich linear und optimal zu arbeiten.
Das Acutex M-312 STR dagegen ist ein MI; hier ist die bewegte Masse etwas kleiner als bei MM, der nadelschliff ist ein sog. Vital Schliff und damit erneut einer der zur Gattung Microlinear gehört und eine ähnlich große Kontaktfläche der Nadel zur Rille wie beim GP-420 III aufweist. Es will mit 200pF und 20k Ohm abgeschlossen werden um linear aufzuspielen. Es passt aber ebenfalls nicht wirklich zum Tonarm des Kenni (Resonanzfrequenz läge immer noch eher bei 6 Hz als bei 7Hz).
An Deinem Aikido Phonoverstärker ist mWn nur die Kapazität einstellbar, so dass Du mit dieser Einstellung die Gesamtkapazität aus Tonarmverkabelung, Phonokabel und Eingangskapazität des Aikido beeinflussen kannst. Der Abschlusswiderstand ist nicht einstellbar, aber hier könntest Du mit Y-Steckern und passendem Parallelwiderstand (M-312STR = 36k Ohm, GP-420 III = 85k Ohm) arbeiten.