Moin Steffen , interessantes Thema , was seine Ursprünge jedoch viel früher hat und nicht erst in den heutigen Youtube Kanälen .
Du fragst , ob man Hifi aus China von der Entwicklung her verfolgt hat , kann ich für meine Person durchaus bestätigen und zwar seit Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts .
Verantwortlich für diese Entwicklung sind übrigens genau die großen traditionsreichen Hersteller , die du teilweise genannt hast .
Harman Kardon , Yamaha und Rotel waren Anfang der 90er Jahre meines Wissens nach die ersten , die anfingen ihre Produktion aus finanziellen Gründen auf das chinesische Festland zu verlegen . Im High End Bereich dürfte einigen hier die deutsche Firma LUA bekannt sein , die das als erster mittelständischer Betrieb auch versucht hat .
Auch einige namenhafte US Hersteller haben damals mitgezogen .
Später kamen KEF und Wharfedale , sowie NAD auch dazu .
Erwähnenswert ist das , weil die Chinesen durch diese Verlagerungen der Produktion überhaupt erst das technische Know How abkupfern konnten , um eigene Firmen auf den Markt zu bringen .
Richtig interessant wurde das ab 1995 als mit deutscher Hilfe die Firma Vincent auf dem deutschen Markt erschien , im Gegensatz zu den heutigen privat gegründeten Start Ups wie Fosi Audio u.a. ging Vincent sofort in die vollen .
1995 eine Röhrenvorstufe und eine Röhren Hybrid Endstufe ( LS-1/D-150 ) für zusammen keine 2000 DM , das war ne wirkliche Bombe die da eingeschlagen hat , vor allem eben im Bereich des so genannten "High Ends " da Vincent eben nicht im Konsumer Bereich begann sondern sofort qualitativ da eingestiegen ist , wo sonst Namen wie Burmester , Mark Levinson u.a. zu finden waren .
1997 kam dann mit der SP-61 die erste Class A Endstufe für 2000DM auf den Markt , da stand eine Vincent plötzlich in der Bestenliste der Audio direkt auf einer Stufe mit einer Burmester Rondo , nur für weniger als den halben Preis.
Diese ersten China Geräte waren vom Materialaufwand ware Monster und es war erstmal vollkommen unbegreiflich , das die für diese Preise einen derartigen Aufwand betreiben konnten . Ich hab in der Folge sowohl die D-150 , den LS-1 als auch in einer Tuning Version die SP-61 zu Hause stehen gehabt , alles damals über das noch recht junge Ebay ersteigert , was in der Anfangszeit ein absolutes Schlaraffenland für jeden war , der sich mit der Materie intensiver beschäftigt hat , da alles was nicht jeder kannte für teilweise absurd niedrige Preise versteigert wurde .
Im Konsumerbereich waren im Gegensatz zu den heutigen China Krachern , die Firmen lange nicht so erfolgreich , weil weder Qualität noch Standfestigkeit der Geräte gegeben war . Es tauchten Firmen wie Tangent Audio und Block Audio auf , oder in Hamburg der Lautsprecher Hersteller TMA als Exclusiv Marke von Heimann , wobei die Anfänge voll in die Hose gingen . Tangent Audio wurde anfangs von Conrad Elektronik vertrieben aber nach einem Jahr wieder rausgeworfen wegen Fehlerquoten von teilweise über 50% .
Ein Schelm wer böses dabei denkt , wenn CD Player , Tuner und Verstärker für 99 DM pro Stück verkauft wurden .
Ich hab mir damals den Spaß gemacht auf der Funkausstellung in Berlin in etwas feinerem Zwirn durch die Gegend zu laufen , eine komplette Messehalle gabs damals um die Jahrtausend Wende nur mit chinesischen Firmen und ich bin mir vorgekommen wie auf dem Kiez , wenn dich alle 5 Meter einer in die Peep Show zerren will , zig Angebote ob ich denn nicht Exklusiv Importeur für irgendeine chinesische Firma werden wolle . Das war schon ziemlich wild damals , weil hinter diesen chinesischen Firmen nicht wie heute , junge Unternehmer , sondern der chinesische Staat steckte . Das waren keine Firmen sondern Handlanger .
Mit der Folge , das zu dieser Zeit auch die Nummer mit den angeblichen Profi Lautsprechern aufkam , wo Leute auf der Straße angesprochen wurden , ob sie nicht Lautsprecher zum absoluten Schnäppchen Preis kaufen wollen , die angeblich bei irgendwelchen Studio Ausstattungen übrig geblieben waren
Das waren dann die Exklusiv Importeure , die solche Schwindeleien sogar ungestraft praktizieren konnten . Als Importeur eben schnell ne Homepage erstellt mit "Listenpreisen" fern ab jeder Realität und den Schrott dann immer noch viel zu teuer an ahnungslose Passanten verticken . Firmen wie "Dragon Audio" dürften da einigen noch ein Begriff sein .
Auch der Firma LUA wurde extrem übel mitgespielt und ihr China Abenteuer kostete diese Firma ihr komplettes Know How , es dauerte kaum ein halbes Jahr und man konnte LUA Nachbauten über Internetseiten in Hong Kong unter 10 verschiedenen Namen kaufen .
Die frühen chinesischen Anbieter waren reine Kopierbetriebe auch durchaus untereinander , auf der IFA fand man auch Vincent Geräte unter zig verschiedenen Namen .
Das das Ganze damals teilweise durchaus positive Folgen hatte aber längst nicht so aufgefallen ist bei der breiten Masse lag einfach daran , das der Einstieg der Chinesen in den Stereo Markt in eine Zeit fiel , wo sich dieser Markt in Europa im freien Fall befand , da mit Dolby Digital 5.1 und DTS 5.1 die Mehrkanal Tonformate rauskamen , die dem Heimkino zu seinem Boom verhalfen . Die großen Japaner kürzten zu der Zeit radikal ihre Stereo Programme zusammen , eine Firma wie Technics stellte die Konsumer Sparte sogar komplett ein . Die damaligen Chinesen waren zu spät dran .
Trotzdem gibt es Tangent Audio , sowie Block Audio auch heute noch und ein wenig später kam Advance Akustik dazu .
Die Chinesen verlegten sich dann erstmal darauf beispielsweise bei Verstärkern reine Plattformen anzubieten , die dann optisch von diesen kleineren Herstellern individuell designed wurden . Da war dann teilweise fast komplett das gleiche drin , nur von außen unterschieden sich die Geräte .
Durch die Fertigung der großen Hifi Hersteller in China wurde aber jede Menge Know How transferiert , vor allem was eine gleichmäßige Qualität und eine bessere Endkontrolle angeht . Dazu hat China den Privat Sektor immer weiter liberalisiert , weil auch sie gemerkt haben , das sich mit zufriedenen Mitarbeitern besser Geld verdienen lässt und sich auch ein gewisser Ruf aufbauen lässt .
Eine weitere positive Folge damals war es , das sich die so genannten High End Hersteller plötzlich bezüglich ihrer Preise und auch ihrer Fertigungsqualität hinterfragen lassen mussten . Gerade sehr viele Hifiisten , die ihr Hobby intensiv betrieben hörten auf , sich jeden überteuerten Mist andrehen zu lassen , weil sie mitbekamen , das ein Land wie China auch eigentlich hochpreisige Geräte , problemlos für einen Bruchteil der Preise fertigen konnten .
Das was jetzt dagegen aus China kommt , das zeigt erstmal , das Chinesen auch nicht dümmer als andere sind und durchaus klasse Geräte fertigen können , wenn man sie nur lässt . Früher war diese Qualität nur Taiwan vorbehalten , heute klappt das auf dem Festland fast ebenso gut und auch die Fehlerquoten sinken rapide .
Die Doug Audio Röhrenvorstufe , die ich hier stehen habe , täte ich jederzeit wieder kaufen , das Preis/Leistungsverhältnis ist einfach klasse und ich habe da auch immer weniger Skrupel China Hifi zu kaufen , da eben die "großen" Hersteller genauso dort fertigen .
Rotel hat seinen Firmensitz in Hong Kong , NAD , KEF und Wharfedale lassen da fertigen , die Linton Heritage wird zum Beispiel in China hergestellt . Thorens hat eine Fertigungsstätte in Taiwan , wo die günstigeren Modelle gebaut werden , selbst Elac aus KIel fertigt nur noch die teuersten Modelle in Kiel , den Rest in China .
Von daher ist es heute praktisch egal , welcher Name dran steht , im Konsumerbereich kommt der Großteil der Geräte aus China , Ausnahme Pro-ject , die fertigen in Ost Europa , ansonsten made in Germany , dafür muss man heute richtig tief in die Tasche greifen .